Therapy? Infernal Love
Therapy? beschreiten auf ihrem aktuellen Album neue Wege. Nur leider die falschen. Statt das Erfolgsrezept des Vorgängers auszubauen, trennt sich das Trio fast gänzlich von seinen Radau-Wurzeln. So überrascht das vierte Werk (nach BABY TEETH, PLEASURE DEATH und TROUBLEGUM; diverse EPs nicht mitgerechnet) der drei Iren mit komplexen Kompositionen und einer bis ins kleinste Detail ausgefeilten Produktion. So weit, so gut. Bei genauerem Hinhören jedoch wird schnell deutlich: der rohe Charme ist kühler Kalkulation zum Opfer gefallen, das chaotische Element, ein Markenzeichen der unbehauenen Songs, wurde weitgehend getilgt, die ungezügelte Kraft in ein starres Korsett gezwängt. Kurzum: Es kracht nicht mehr so schön wie früher. Einzig die erste Singleauskopplung (‚Stories‘), das rauhe ‚Misery‘ und das finale ’30 Seconds‘ erinnern noch an die ungemein nahrhafte Mischung aus unbarmherzig vorwärtspreschenden Drums, rasiermesserscharfen Riffs und eingängigen Refrains, die TROUBLEGUM auszeichnete. Zwar donnern Andy Cairns, Kichael McKeegan und Fyfe Ewing mit dem Hochgeschwindigkeits-Opener ‚Epilepsy‘ gleich mächtig los, doch bereits mit dem dritten Stück bewegt man sich auf dünnem Eis. Das hymnische ‚A Moment Of Clarity‘ kommt nämlich als dünnblütige Metallica-Kopie daher, ‚lüde The Obscene‘ entpuppt sich nach kurzer Zeit als sülziger Stadion-Rock und ‚Bowls Of Love‘ und ‚Bad Mother‘ driften mit der verhallten Stimme von Cairns in die zu Recht vergessenen, nebelverhangenen Gefilde von The Mission und Fields Of The Nephilim ab. Ungleich interessanter wirken da die hypnotische, fast ausschließlich mit Streichern umgesetzte Coverversion der Hüsker Dü-Nummer ‚Diane‘ und das schleppende ‚Me Vs You‘. Mit ‚Loose‘ schließlich steuern Therapy? sogar klare Popgewässer an. Ob die Fans von TROUBLEGUM ihnen dorthin folgen, muß bezweifelt werden.
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