Hudsucker – Der große Sprung :: Perfektion – Brillante Visionen ohne Seele
Alles klar: Schon die ersten Bilder im neuen Werk der filmenden Gebrüder Coen künden von Pracht und Herrlichkeit ihrer Schöpfer. Da sieht man in einer futuristisch angedimmten Modellstadt einen überdimensionalen Uhrzeiger und ein armes Würstchen auf dem Fenstersims des dazugehörigen Wolkenkratzers. Botschaft klar: Für die Wurst auf dem Sims ist die Zeit abgelaufen. Die Kamera kommt näher, man eFkennt Tim Robbins. Und dann gehts los: „Hudsucker —- der große Sprung“ gefällt sich abendfüllend darin, den Aufstieg und Fall des kleinen Angestellten Norville Barnes (Tim Robbins) in brillanten Rückblenden nachzuzeichnen. Die wahre Geschichte aber hat andere Helden: Aufgewühlt vom Stöbern in den prachtvollen Gewölben der Filmgeschichte haben die Gebrüder Coen ihren Film ausgestattet wie eine Mixtur aus „Citizen Kane“ und „Metropolis“, schwelgen in Insider-Zitaten wie pubertierende Gedichteschreiber. Ganz gleich, ob sich die Gesellschafter im Konzern-Ratsaal zum Meeting treffen, ob die Zeitungsredaktion des „Manhattan Argus“ Blattmachen spielt oder die Poststelle der „Hudsucker Industries“ stilisiert wird, als ob Terry Gilliam „Brazir nie entdeckt hätte — immer wabert der Ruch der Brillanz durch die artifiziellen Coen-Bilder, mit jeder Einstellung, jeder Montage, jedem Dialog wird die Cineasten-Oberliga beschworen.
Daß uns der trottelige Norville Barnes bei seiner kafkoesken Odyssee durch seinen Bürokosmos ziemlich egal bleibt, die bemühte Jennifer Jason Leigh als Pulitzer-Preisträgerin am Rande des Comic Strips balanciert und selbst der über jeden Zweifel erhabene Paul Newman zuweilen chargiert wie ein angestochener Fuhrkutscher, wird offenbar billigend in Kauf genommen. Daß packendes Kino aber nicht nur von formaler Brillanz, sondern auch von banaler Seelenkost lebt, haben die Coens einfach ignoriert.
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