Musik zur Zeit aus den USA :: Böse
Ill Communication (EMI 828.599.2)
Das Wah-Wah-Pedal hat deutliche Druckstellen. Doch nicht nur die Gitarre der amerikanischen Crossover-Kapelle huldigt einem Sound aus vergangenen Tagen. Für ILL COMMUNICATION bedienten sich die Beastie Boys im reichen Fundus der Rockgeschichte. Das Ergebnis klingt mal nach rotzigem Punk, mal nach dem „Shaft“-Thema von Isaac Hayes. Hemmungsloser Ideenklau also? Mitnichten! Denn die Beastie Boys basteln aus verschiedensten Zutaten der Vergangenheit den definitiven Großstadt-Soundtrack für die 90er. Der Rap, das Rock’n’Roll-Idiom dieser Dekade, bildet den Dreh- und Angelpunkt dieser Platte. Auch metallische Industrial-Töne sind eher der Gegenwart als weit zurückliegenden Pop-Epochen zuzurechnen. Dennoch: Die Hammond-Orgel wabert wonnig, der Bass blubbert im Stil der 70er Jahre. Was Wunder also, daß die mutige Musikmelange der böse rappenden Buben aus Übersee über weite Strecken auch noch discotheken-kompatibel daherkommt. Schwere Grooves bahnen sich gnadenlos den Weg in die Beine, schleppende Rhythmen animieren zur Zeitlupen-Artistik auf dem Dancefloor. Dennoch verlangt diese Platte dem Zuhörer einige Toleranz ab. Bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Vocals und harsche Stimmungswechsel sind schließlich nicht jedermanns Sache. Und so warnen die Beastie Boys schon im Titel der LP vor ihrer Art der Unterhaltung. Denn eine gewisse Rüpelhaftigkeit ist ILL COMMUNICATION nicht abzusprechen. Wer Rockmusik jedoch als akustisches Spiegelbild jener Zeit begreift, in der sie stattfindet, und seine Hörgewohnheiten entsprechend trainiert hat, kommt am Sound der Beastie Boys nicht vorbei – allen vertrauten Klängen zum Trotz.
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