Carcass kippen das Chaos :: Eisenherz
Nein, der Schein trügt nicht: Carcass haben sich verändert. Weder das Cover noch die Songtexte erinnern an die unappetitlichen Orgien der Splatter-Branche — keine Innereien, kein Massaker mit der Kettensäge. Jeff Walker verzichtet zudem auf geröchelte Amok-Artikulationen und formuliert statt dessen korrekte Sätze, die sogar einen — wie auch immer gearteten — Sinn ergeben. Kein Wunder also, daß Carcass vor diesem Hintergrund selbst ihr atemberaubendes Tempo gedrosselt haben.
Liebäugeln die vier Engländer also inzwischen mit dem Mainstream? Mitnichten! Nachdem sie sich von Grindcore und Death Metal verabschiedet haben, machen sie lediglich zum ersten Mal richtige Musik. Oder anders formuliert: Anno ’93 überraschen Carcass als lupenreine Trash-Kapelle. Deutlich zu vernehmen: Akkorde als Bestandteile einer geordneten Struktur. Das Chaos, so möchte es scheinen, hat jetzt keine Chance mehr. Viel eher schon gewinnt der Zuhörer den Eindruck, daß Carcass sich inzwischen an der musikalischen Entwicklung ihrer Kollegen von Metallica orientieren — Metal ja, aber bitte schön mit menschlichem Antlitz.
Erfreulich dabei: das britische Quartett mutierte nicht zum Weichei — Schmalz darf allenfalls aufs Brot, nicht aber in die Songs des fulminanten Vierers. Für Abwechslung ist dennoch gesorgt. Harte Breaks und Gitarrensoli von Bill Steer (die man ihm in dieser Präzision gar nicht zugetraut hätte) lassen keinen Moment Langeweile aufkommen — innovative Härte, die von Herzen kommt.
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