Hiatt singt mit der Faust :: Knorrig

Noch fällt die Gitarre nicht unter den Artenschutz. Trotzdem haßt es John Hiatt, wenn jemand sie auf der Bühne zerstört. Überhaupt klingt ein Großteil seines neuen Albums wie eine geballte Faust: Nach dem Allstar-Unternehmen Linie Village (mit Cooder, Keltner und Löwe) legt Hiatt nun seine knorrigen Wurzeln frei. Für die Arbeit an PER-FECTLY GOOD GUITAR verpflichtete er den Faith No More-Produzenten Matt Wallace, der Hiatts Songs in ein schlichtes aber zweckmäßiges Sound-Gewand steckte. „Buffalo River h Home“ und „Blue Telescope“ sind ungeschliffene Diamanten, deren innere Härte durch zuviel Feinarbeit nur gelitten hätte. Gut, daß er diesmal wieder nach der gesetzten Altherren-Truppe „Little Village“ eine jugendliche frische Musikertruppe zur Verfügung hatte, die ohne viel Brimborium forsch zulangt. Keine Hochseilartisten wie Slide-Wunder Sonny Landreth, aber mit Michael Ward einen entschlossenen Gitarristen voll ungestümer Kraft und mit Brian McLeod (dr) und John Pierce (b) ein muskulöses Rhythmus-Gespann. Über allem droht nach wie vor Hiatts Stimme wie ein Naturereignis: Wenn er brüchig kräht, rieseln die Schauer über den Rücken.

„Nach Little Village mußte ich einfach wieder ein paar junge Hupfer um mich haben“, witzelt Hiatt. Ungeahnte Energieschübe brachte das allemal. Nach vielen Versuchen hat Hiatt mit seinen letzten Alben durchweg großartige Würfe hingelegt – PERFECTLY GOOD GUITAR pflegt nicht die manchmal hysterische Wildheit von SLOW TURNING oder die Abgeklärtheit von STOLEN MOMENT“. In seiner raffinierten Dichte ist dieser späte/junggebliebene Hiatt fast ein Pendant zu Neil Young — und DAS wäre ein Team …