Joe Cocker :: Night Calls

Die musikalische Architektur ist bewährt: traditionelle Bauweise, moderne Klangtechnologie, solides Bluesrock-Fundament. Darauf ein Mehrzweckgebäude, erbaut mit unterschiedlichsten Materialien. Mal ein unruhiger Funk-Daumen, mal wimmernde Country-Gitarren, dann wieder entfesselte Gospelchöre oder schmusiger Slow-Pop. Mittendrin — scheinbar unberührt von der musikalischen Betriebsamkeit — der gute, alte Joe mit seiner verwüsteten, raspeligen, das Innerste nach außen kehrenden Stimme. NIGHT CALLS, das 17. Album des ehemaligen Klempners, ist noch einigen halbherzigen, schnell zusammengeschusterten LPs ein echter Glücksfall. Was längst nicht immer gelang, haben Cockers Berater diesmal geschafft: Man versammelte eine hochkarätige Produzenten- und Musikerequipe (unter anderem Chris Stainton, Danny Kortchmar, Jim Keltner, Jeff Lynne und Mike Campbell) um den Interpreten Cocker. Und man entschied sich, egal ob Coverversion oder Maßanfertigung, für hochwertiges Songmaterial — „Five Women“ (Prince), ,Don’t Let The Sun Go Down On Me“ (Elton John/Bernie Taupin), .You’ve Got To Hide Your Love Away“ (Lennon/McCartney).

Dazu Spielwitz, einwandfreie Präsentation, sorgfältige Produktion. Das Ergebnis: NIGHT CALLS ist ein Masterpiece wie seinerzeit SHEFFIELD STEEL (1982). Kommerzielle Windschnittigkeit ohne Reibungsverlust; ein Cocker, der alte Songperlen wie den Free-Hit „Little Bit Of Love“ oder den Blind Failh-Klassiker ,Can’t Find My Way Home“ aufpoliert und ausdeutet, der beinahe ohne sein manieriertes Krächzen auskommt und das tut, was er am besten kann — sich die geschundene Seele aus dem Leib singen. Zwölf Titel und kein Füller.