Van Morrison – Hymn To The Silence

„Wenn dieses Doppel-Album Erfolg hat, ist irgend etwas falsch gelaufen“, jammert Van, um an anderer Stelle die Vorzüge des stinknormalen Lebens und der guten alten Tage, bevor Rock V Roll und Fernsehen überhaupt existierten, ausgiebigst zu preisen. Vorzüge einer Zeit, in der er sich via Interview nicht ständig selbst erklären mußte, als er noch ein sorgenfreier Bengel aus Belfast war, der auf Typen wie Sonny Boy Williamson, Sidney Bechet, Debussy und Jack Kerouac stand. Von derlei Themen handelt die eine Hälfte des aktuellen Albums. Die andere dagegen reflektiert Morrisons spirituelle Sehnsucht, die ihn wohl niemals ganz verlassen wird.

Nachdem er sich im Dunstkreis von INARTICULATE SPEECH OF THE HEART mit der Scientology Sekte herumschlug, ist nun wieder mal das Christentum an der Reihe. Er beschäftigt sich mit Jesus und der heilsamen Kraft der Natur. Um des lieben Trostes willen — Van Morrison, ein komplexes Unterfangen.

.Alles, was ich von jeher will, ist einzig und allein, ich selbst zu sein“, schmollt er und tut zugleich alles, um die Luft aus seinem Charisma zu lassen. Doch die eigentliche Frage ist: Hat Van überhaupt eine Vorstellung davon, wer er ist? Im Prinzip ist es sein Schicksal und unser aller Glück, daß er es nicht weiß, denn seine ungebrochene Kreativität erwächst mehr oder minder aus einer permanenten Persönlichkeitskrise.

Die Musik auf HYMN TO THE SILENCE ist auf elementarste Ausdrucksformen reduziert – etwas Blues, ein wenig Country, Irish Folk, Hymnen und Orgel-Jazz aus den 60er Jahren. Die Arrangements hätten besser ausfallen können. Ansonsten stellt Morrisons umwerfend emotionaler Gesang ohnehin alles andere total in den Schatten — und das nach einer immerhin 27jöhrigen Plattenkarriere.