Steve Winwood – Roll With It :: Aufbruch

Wenn ein bescheidener Mann wie Steve Winwood nach fast 25 Jahren Zusammenarbeit mit Chris Blackwells Island Records einen Schlußstrich zieht und zur rührigen Konkurrenz, zu Richard Bransons Virgin wechselt, blühen die Spekulationen. Aber auch ein noch so loyaler Winwood ist eben gegen die Verlockungen des schnöden Mammon nicht gefeit, konnte sich letztendlich dem Branson-Wink mit dem dicken Dollar-Bündel nicht entziehen. Die Virgin-Investition ist sicher gut angelegt, denn Winwood brilliert auf seinem fünften Solo-Album -— zwei Jahre nach seinem letzten Meisterwerk BACK IN THE HIGHLIFE – als perfekter Wanderer zwischen den Rhythm & Blues- und Soul-Funk-Welten. Angelehnt an Traffic- und Blind Faith-Zeiten, schlängelt sich Steves Stimme, umschmeichelt von Hammondorgel-Sound, gejagt von akzentuiert gesetzter Percussion, durch „Holding On“ oder den Titel-Track „Roll With It“. Packender Höhepunkt: Die Ballade „The Morning Side“, voller Seelen-Pein und Leidenschaft. Winwood legt sein Gefühlsleben bloß, die Dynamik seiner Stimme jagt dem Hörer Schauer über den Rücken. Aber auch modernere Dance-Nummern wie „Don’t You Know What The Night Can Do“ oder „Dancing Shoes“, beherrscht von harten Rhythmen und den mitreißenden Bläser-Sätzen der Memphis Horns, halten durch die unnachahmlich heisere Stimme des Wahl-Amerikaners wohltuend Abstand zum Gros der gesichtslosen Dancefloor-Produkte aus kalten Studio-Laboratorien. Winwood hat mit diesem sensibel und doch glasklar produzierten Album (in Dublin und Toronto aufgenommen) eine Brücke von den 60ern in die 90er geschlagen und ist der Gefahr der Isolation im eigenen Elfenbeinturm endgültig entronnen.