Sting – Nothing Like The Sun
Sting selbst weist im Cover-Text zu seinem Album Nothing Like The Sun drauf hin, daß diese Zeile sich auf ein Shakespeare-Sonett bezieht. Ergo: Wir haben es hier mit Kunst zu tun. Wer sich durch derlei respektheischende Niveau-Vorgabe nicht abschrecken läßt, bekommt von Sting auf seinem Doppelalbum 12 neue Stücke geboten, die — und da bleibt einem die Luft weg — diesen Anspruch tatsächlich einlösen. Nothing Like The Sun verdient, um es gleich vorwegzunehmen, den Umfang des Doppelalbums, kein Song ist überflüssig, kein Arrangement breitgewalzt. Um dieser Gefahr zu entgehen, wurden ganze Scharen von Solisten eingeflogen, die Sting jeweils nach spezieller Eignung einsetzte: die Gitarristen Eric Clapton, Hiram Bullock oder Rüben Blades, das ganze Gil Evans Orchestra oder Police-Kollege Andy Summers, alle ordneten sich dem strengen Willen des Komponisten und Producers Sting unter. Und siehe da: Das Vorhaben, die vielen Stile von Jazz bis Funk, von Reggae bis Pop, von Blues bis Rock zu verschmelzen, ohne daß es nach den altbekannten und sterbenslangweiligen „Anleihen“ klingt, gelang. Stings Musik ist streng und bisweilen fast zu ernst. Branford Marsalis, dessen Saxophon zahlreiche wunderschöne Soli liefert, prägt den Klang der Stücke ebenso wie Stings Stimme, Kenny Kirklands Keyboards oder Manu Katches Drums (er spielte auch auf dem neuen Robbie Robertson-Album): Trotz des musikalischen Sprachengewirrs ein unverwechselbarer Sound, der sogar Dancefloor-Songs wie „We’ll Be Together“ den Stempel aufdrückt. „They Dance Alone“ bringt die erwähnte Gitarristen-Versammlung, und Gil Evans macht mit seinem Orchester die Hendrix-Bearbeitung „Little Wing“ (Gitarre: Hiram Bullock) zu einem Genuß. Fazit: Sting lieferte ein kühles, klares, klanglich wie musikalisch brillantes Meisterwerk ab. Alles andere als fröhliche Popmusik, sondern Designer-Rock im besten Sinne: Die Form paßt sich der Komposition an. Perfekt.
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