Gary Moore – Wild Frontier :: Hardrock

Pompöse Arrangements sind wieder in. Wo sich früher jeder Bassist fast schon schämte zuzugeben, daß er neben seinem Instrument auch noch häufig auf die Taurus-Pedale tritt, steht heute das Bekenntnis zum Schönklang, zu Synthi, Keyboards und Emulator.

Auch die tapferen Dänen Pretty Maids machen da keine Ausnahme. Ihre FUTURE WORLD (CBS) wimmelt nur so von überraschenden Soundeffekten und wohlklingendem Klimbim. Schon das gleichnamige Titelstück mit seinem opulenten Intro stimmt den Hörer auf einen beherzten Trip durch die „Welt von morgen“ ein. Rauhe, vorwärtsdrängende Gitarren setzen sich an die Spitze, getragen vom harten Beat der Rhythmus-Crew und immer wieder umgarnt von kleinen aber feinen Keyboard-Intervallen.

Die musikalisch aufregende Hardrock-Reise der Nordlichter begeistert auf Anhieb. Neun vortreffliche Songs und davon einer, „Rodeo“, der mit seiner Scorpions-ähnJichen Melodie schon jetzt das Zeug zu einem Hit hat. (5) Ein anderer Däne, Hank Sherman, früher in den Diensten des Metal Bösewichts King Diamond und dessen Band Mercyful Fate, liebäugelt auf A MATTER OF ATTITÜDE (EMI) offensichtlich mit amerikanischen Gepflogenheiten. Schlanke, fetzige, von unnötigem Ballast befreite Songs mit Radio-Appeal auf der einen — und gemütvolle Balladen auf der anderen Seite, sind das Rezept seiner Band Fate. Hank an der Gitarre sowie Jeff Limbo (Gesang), Bob Lance (Drums) und Pete Steiner (Baß und Keyboards) wandeln auf den Pfaden von Nightranger bis Bon Jovi. Kein übler Kurs. Namentlich „I Wont’t Stop“ oder auch „Hard As A Rock“ überzeugen durch kluge Arrangements, dichten Sound und plötzliche Breaks, ein ständiges Auf und Ab der Stimmungen. (4)

Endlich meldet sich die große Hoffnung des „melodic metal“ aus Amerika, Malice, mit LICENSE TO KILL (WEA) zurück. Die fünf US-Boys holen alles aus ihren Instrumenten heraus, als gelte es, verlorenen Boden wieder gutzumachen.

Dabei hätten sie diese kraftstrotzende Tour de Force nicht einmal nötig. Ihre Spielfreude, die gekonnten Wechsel von schweren, stampfenden Rhythmen zu flinken, tempolastigen Ausbrüchen und zurück, alles innerhalb eines Songs, sprechen auch so für sich. Auf jeden Fall stehen die maliziösen Metaller — dank des hervorragenden Sounds von Produzent Max Norman — mit diesem Album vor der Tür des großen Durchbruchs. (5)

Der Knüller des Monats; Helloween und KEEPER OF THE SE-VEN KEYS (SPV). Seit langem das Beste, was an echtem Heavy Metal aus deutschen Landen kam. Eine Kostprobe gefällig? Hier ist sie: „Halloween“, ein Song von 13(!)minütiger Länge, gewiß ein Wagnis, das sich am Ende aber auszahlt, oder genauer gesagt, das geeignete Vorspiel für ein zukünftiges Metal-Musical. Die Kürbisköpfe aus Hamburg, neuerdings mit Sänger Michael Kiske, beweisen unter der Regie von Victory-Gitarrist Tommy Newton und Tommy Hansen als Produzenten einmal mehr Mut zum Risiko. Da wird nach Herzenslust gespielt, sich mal mehr bei Iran Maiden angelehnt, dann wieder bei Judas Priest, aber alles stets mit eigenen Ideen und originellen Einfällen gespickt. Auch die restlichen sieben, darunter das Quasi-Instrumental auf der Akkustikklampfe „Follow The Sign“ oder das kommerzielle „A Tale That Wasn’t Right“, verdienen das Gütezeichen der IG-Metal. (6)

Ein pikanter Vergleich drängt sich auf: Während Deep Purple auch weiterhin stur den guten, alten Hardrock der 70er pflegen, sind ihr ehemaliger Sänger, David Coverdale, und seine Whitesnake längst zu neuen Ufern aufgebrochen. US-Heavy Rock der unkomplizierten Art bestimmt von nun an den stilistischen Kurs der einstigen Rock ’n‘ Blues-Traditionalisten. John Sykes‘ Gitarre schwirrt durch den Raum und bereitet so den Boden für die immer noch überragende Stimme des großen Shouters. Ein makelloser Soundteppich, von den Produzenten Olsen/Stone eingängig geknüpft, spannt sich über sämtliche neun Songs von 1987 (EMI), dem neuen Album. Trotzdem kann es sich der Boß nicht verkneifen, mit den Klassikern „Crying In The Rain“ und „Here I Go Again“ noch einmal an glorreiche Zeiten zu erinnern. (5)