Funk/Soul

New York ist immer noch „the place to go“ -und der so energisch totgesagte Hip Hop riecht nicht einmal komisch. Ganz im Gegenteil, er bekommt derzeit sogar enormen Aufwind durch eine neue Generation Street Kids, die mit gerade abgeschlossenen Verträgen die Studios stürmen.

Allen voran der 17jährige L. L. Cool J., der Supermann des aufkeimenden Heavy Metal-Rap. Dieses neue Boom Box-Futter kommt in erster Linie vom Def Jam-Label des 23jährigen Produzenten Rick Rubin und wird von Leuten gemacht, die nicht nur mit James Brown und Kurtis Blow, sondern auch mit AC/DC aufgewachsen sind. L. L. ist die konsequente Weiterentwicklung von Punk, denn er reduziert Musik nicht bloß auf drei Akkorde, sondern auf nackte vier Schläge.

Auf seiner Debüt-LP RADIO (Def Jam/CBS 26745) beschränkt er seine Songs fast ausschließlich auf seine harten Lyrics und einen gnadenlos hämmernden Drumcomputer. Nur sein DJ Cut Creator scratcht sparsam mit Heavy Metal- und Go Go-Scheiben. Über zwei ganze LP-Seiten ist das zwar etwas ermüdend, aber wenn man laut aufdreht, macht’s Spaß. (4)

Das gleiche gilt für die Beastie Boys, drei picklig-weiße Mittelklasse-Söhnchen, von denen es jetzt die erste Maxi gibt – SHE’S ON IT (Def Jam/CBS 44-05292). Über einen dumpf wummernden Run DMC-Beat legen sie ultraherbe (auf der A-Seite gespielte, auf der B-Seite gescratchte) Gitarren-Riffs und brüllen sich die Seele aus dem Leib. (5)

Lovebug Starski ist schon etwas länger auf der Szene und hätte schon viel früher ein eigenes Album verdient. Dafür ist HOUSEROCKER (Epic BFE 40255) auch kein rauher Schnellschuß, sondern eine runde, ausgereifte Platte ohne Schwachstellen. Gleich sechs Produzenten (u.a. Kurtis Blow und D.S.T.) haben sich seines Erstlingswerks angenommen und ihm sieben hervorragende Nummern auf den Leib geschneidert. Und die bieten musikalisch einiges mehr als bis zum Anschlag ausgefahrene Beat Boxes. (5)

Die hipste Stadt neben New York ist natürlich nach wie vor Washington D. C auch wenn Maxx Kidd es immer noch nicht geschafft hat, aus den zwei Hinterzimmern seiner kleinen Computerfirma heraus mit Go Go die Welt zu erobern. So heiß die Platten auf TTED-Records sind — in die Charts kommt der Roots-Sound sicher nicht.

Vielleicht schafft es sein ausgebooteter Ex-Partner Reo Edwards (war früher Manager von Trouble Funk und produzierte Chuck Browns „Money“), der mit dem Sänger Mick Jessup das Projekt Effectron gegründet hat.

Der typische Beat ist auf ihrer ersten Maxi „Don’t Stop That Go Go Beat“ (MDM 5-12) ungebremst erhalten, aber die Produktion ist dichter, die Arrangements ausgefeilter und die Melodie etwas eingängiger. Ansonsten natürlich wie gehabt satte Bläsersätze, ausgelassenes Partygebrüll und zwingendster Groove. (5)

Washington hat nicht nur die brodelnde Go Go-Szene, sondern auch die vielleicht besten schwarzen Radiostationen. TSR hat jetzt eine Picture Disc mit einem Q 107 MIX (TSR 630301) herausgebracht —- eine knappe Stunde wunderbarer Gettoblaster-Lärm, in dem diverseste Dance-Hits von u.a. Egyptain Lover, Klymaxx und den Spin Masters verarbeitet wurden. (4)

Nach Washington, Detroit und Minneapolis hat inzwischen fast jede größere Provinzstadt eine schwarze Szene mit eigenen Sound. Dayton, Ohio ist zum Beispiel fest in der Hand der Troutman Brüder.

Shirley Murdock verbrachte ihre Jugend in verschiedenen Gospel-Chören und fiel Roger Troutman während eines Konzertes der End Time Revival Evangelistic Crusade auf. Er holte sie als Backgroundsängerin zu Zapp und produzierte ihre erste Platte (Elektra 960 443-1) mit der gesamten Zapp-Family auf der Rhythmusspur.

Die Arrangements sind für Zapp-Verhältnisse äußerst zurückhaltend, um Shirley Murdocks kräftiges Organ voll zum Tragen kommen zu lassen. Bei den Dancefloor-Stücken klingt sie ein bißchen wie die Gospelversion von Madonna. Der Groove läßt einen in bester Zapp-Tradition nicht ruhig sitzen und die Balladen sind ausnehmend gänsehautträchtig. Mehr davon. (5) (Alle Importe bezogen über TSR, Wiesenstr. 31, 6054 Rodgau 2, 06106/ 20 51-55)