Oldies

Monatserster wird diesmal ein Sampler: LOUISIANA PUNK GROUPS FROM THE SIXTIES VOL! 1 (Eva 12051/Rimpo) enthält alles, was das Garagen-Herz begehrt: tolle Songs, rotzigste Interpreten, Obskuritäten zuhauf. Bands, die sich Better Half-Dozen oder Roamin‘ Togas nannten. Höhepunkt in dieser Beziehung: Die Tracks „Down Home Girl“ und „The Train“ stammen von einer Band, von der nicht einmal der Name bekannt ist (!) – und an Qualität ist schon deshalb kein Mangel, weil Louisiana gleich neben Texas liegt… Knapp (6).

Noch ein Sampler, der sich großteils hören läßt, ist ATTACK OF THE JERSEY TEENS (Bona Fide Records NJ 6601/Rough Trade). Das regionale Ordnungsprinzip erweist sich abermals als richtig, und wir haben noch lange nicht alle US-Staaten durch. (4) NUGGETS sind wieder da! Das rührige Rhino-Label (Vertrieb: IMS) legt gleich vier Folgen vor (Rhino RNLP 025 bis 028), die sich unterteilen in THE HITS, PUNK, POP Part 1 und 2.

Die beiden ersten Platten bringen im wesentlichen die allbekanntesten Punkklassiker und sind nur für Neueinsteiger von Interesse. Auf den beiden Pop-Scheiben aber findet sich auch einiges Material, das schwieriger auffindbar ist. Die Auswahl ist exquisit gelungen, desgleichen gefallen die locker geschriebenen liner notes. Meine persönlichen Favoriten sind „Time Won’t Let Me“ und „Lost In My World“, die beiden Tracks der Outsiders. Hoffentlich fallen weitere Folgen genauso gut aus. (5) Abteilung Gemischtes: Hört man THE BEST OF NINA SIMONE (Phonogram Time 10/IMS). weiß man, wo Sade Adu ein gutteil ihrer Kicks herhat. Aber die schwarze Nina geht viel schärfer ran. Sie hat Säure in der Stimme. Gegen sie ist Miss Sade nur ein Glas süße Limonade (4).

Auch Reggae kommt langsam in die Jahre. Von Culture liegt endlich wieder das berühmte Album TWO SEVENS CLASH (Blue Moon/Ariola Import 804 665) von 1978 vor. Kraftvoller, raffiniert zubereiteter Reggae von ansteckender Vitalität und großem Melodienreichtum (5).

Mitunter lohnt sich auch ein Blick in die Billig-Kästen. In der CBS-Nice-Price-Serie sind einige beachtenswerte Dauerbrenner erschienen: ANGEL CLÄRE (CBS 32 076), Art Gartunkeis von den Songs her nicht immer überzeugendes, aber extrem gut produziertes erstes Solo-Album (3); dann die ORIGINAL HITS (CBS 32 370) von Paul Anka. der eben doch etwas mehr war als Barry Manilows Vorgänger (3), und LITTLE RICHARDS GREATEST HITS (CBS 32 185), live und entsprechend explosiv eingespielt (4).

Von Nazareth, den alten Holzhacker-Schotten, liegt THE BALLAD ALBUM (Vertigo 824 395) mit Sanftmaterial der Jahre 1975-1984 vor. Leider ist Sänger Dan McCafferty etliche Male böse überfordert. Und für die ekelhafte Fassung von „Ruby Tuesday“ gibt’s sowieso keine, aber auch gar keine Entschuldigung (2).

Das Sahara-Label (Vertrieb: Wishbone) gei denkt flächendeckend des am Alkohol zugrunde ¿ gegangenen Alex Harvey. Gleich neun LPs der Sensational Alex Harvey Band werden vorgelegt: TOMORROW BELONGS TO ME, THE PENTHOUSE TAPES, FOURPLAY, NEXT, SAHB STORIES, THE IMPOSSIBLE DREAM, LIVE, ROCK DRILL und FRAMED (SAH 111 bis 119). Das Problem dieser Band war, daß die wirklich guten Stücke ihrer LPs auch auf EPs Platz gehabt hätten. Masse hat eben mit Klasse nicht immer etwas zu tun. Summarisch daher eine: (3) Was täte man bei Polydor eigentlich ohne das offenbar immer noch nicht restlos durchwühlte Jimi-Hendrix-Archiv? KISS THE SKY (Polydor 823 704) bringt in technisch verbesserter (Stereo-)Fassung willkürlich zusammengestellte bekannte Tracks und drei Raritäten. Die Musik ist selbstverständlich auch heute noch eine (6) wert; aber muß diese geldbeutelbelastende Art der Edition wirklich sein? Besser wäre es, die Original-LPs tontechnisch überarbeitet erneut zugänglich zu machen und die seltenen Stücke auf einer Extraplatte zu kompilieren.

Unterschätzt wird gewöhnlich die texanische Teeny-Beatband The Five Americans. deren erste LP WESTERN UNION (Eva 12050/Rimpo) wieder vorliegt. Gewiß, die fünf jungen Herren klangen bevorzugt wie eine verspätete Antwort auf die Beatles und Herman’s Hermits, aber mit dem Team Mike Rabon-Norman Ezell-John Durrill verfügten sie über gruppeneigene Hitschreiber, die manche Feinheit in die Songs einbauten. Die Five Americans verwendeten ausgiebig die für Texas typische Teen-Punk-Orgel und schielten auch mitunter zum Rhythm & Blues. Und das keineswegs erfolglos! Hoffentlich läßt das Eva-Label auch die ebenso hübsche zweite LP PROGRESSIONS noch folgen. (4)