Jazz
Wenig Neues an der Fusion-Front: Das dritte Opus der Yellowjackets appelliert mit dem Titel SAMURAI SAMBA (WEA 925 204) an die Freunde japanischer Gediegenheit beim Einspielen von schwerelosem Disco-Jazz. Ein Understatement: Die Komposition des Keyboarders Rüssel Ferrante sind Musterbeispiele, wie man Fairlight und Rhodes adaequat einsetzt. Sie haben geschmeidige Popqualitäten à la „Steps Ahead“, vermitteln trotz ausgebuffter Studioroutine die euphorische Stimmung der neueren Wetterreport-Alben. (4) Während das straff organisierte Gelbjacken-Konzept keine Langeweile aufkommen läßt, offenbaren Weather Report erneut Schwächen ihrer „Domino Theorie“: SPORTIN LIFE (CBS 26367) vermittelt jede Menge entspanntes Feeling – anhand von Songs ohne Anfang und Ende. Selbst eine Coverversion des Gaye-Klassikers „Whats Going On“ verklingt beiläufig. (3) Vom stilvollen Schlafwagentrip zur ordinären Rockmotorik: Klaus Doldinger und seine Mannen (plus die schwarze Sängerin Victoria Miles) setzen anbiederisch auf platte Losfetz-Manier. Doldinger schreibt ebenso unverkennbar wie eingängig. Aber das kann die Lieblosigkeiten auf RUNNING IN REAL TIME (WEA 240633) nicht rechtfertigen. (2) Ohne spürbare Inspiration dudeln auch die hierzulande unbekannten Instrumentalisten auf NIGHT FOOD (Timeless 214). einem an britischer Jazz-Rock-Tradition orientierten Gemischtwarenangebot des Drummers Brian Melvin. Aufhorchen läßt leider nur ein prominenter Gast Jaco Pastorius. (3) Ray Anderson ist Sänger und Posaunist der tanzwütigen Slickaphonics, deren Neueingang HUMATOMIC ENERGY leider im Vergleich zum bärenstarken Vorgänger MODERN LINE (ENJA) etwas eintönig ausfiel. Das RAY ANDERSON TRIO (Teldec Import) hingegen strotzt auf seinem Debütalbum vor Ideen. Latin, Lyrik, Exzesse, Zartes: ein spannendes Vergnügen! (5) Und gleich noch ein Neuerer mit der traditionsbewußten Souveränität eines Veteranen: Chlco Freeman spielt auf TANGENTS (WEA 960 361) diverse Blasinstrumente, pflegt das schwarze Saxofon-Erbe und ist doch stets unterwegs zu neuen Ufern. Ob er Sänger Bobby McFerrin ausführlich einbezieht (Weather Report hat ihn im Background verheizt!) oder den Sythesizer Kenny Werners eine kühle Bestandsaufnahme der Computer-Ära halten läßt – immer findet er die richtigen Musiker für knappe Soli im Rahmen ausgefeilter Arrangements. (5) Nicht zu vergessen – die Altmeister der „Great Black Music“. Nach 20 an Überraschungen reichen Jahren eröffnen die Weltmusiker des Art Ensemble Of Chicago ihre THIRD DECADE (ECM 823 213) mit einer Verbeugung vor irischer Dudelsackmelodik, ironisieren liebevoll schleppend eine schlagerverdächtige Ballade, hupen einen Funk, sind ohne jede Beweislast experimentell: souverän! (5) Charakteristischer für den melancholischen „Meditations-Jazz“ aus München ist Eberhard Webers siebenteilliger CHORUS (ECM 1288) eine verhaltene Suite, die nur durch schleichende Intensitätssteigerungen und Ralf Hübners subtile Rhythmik davor bewahrt wird, im Schönklang-Minimalismus (Webers Baß und Jan Garbareks Klagesax) zu ersaufen. (3) Charlie Mariano, auf (zu) vielen Platten als zugkräftiger Gast angeheuert, zeigt sich im Zusammenspiel mit dem Japaner Paul Shihigara (Gitarre), dem Bassisten Tim Wells und Drummer Michael Küttner (Sagmeister Trio) nicht nur fernostverliebt: als unpretentiöser Mitstreiter in einem erstaunlich frisch klingenden Modern-Jazz-Quartett. Also nicht vom tranigen LP-Titel TEARS OF SOUND (Nabel 8416) abschrecken lassen! (4) Bleiben noch drei Konzerte: zwei davon mit dem Tenorsaxofonisten George Adams. Im Züricher Bazillus-Club (MORE SIGHTINGS. ENJA 4084) ging es dank Hannibal Peterson (Trompete) und John Scofield (Gitarre) stilistisch moderner zu (Soul. Latin- und Freejazz)-ansonsten so bodenständig rabiat und temperamentvoll wie ein Jahr vorher in New York, wo Adams mit Don Pullen (p), Cameron Brown (b) und Dannie Richmond LIVE AT THE VILLAGE VANGUARD (SOUL NOTE 1094) ein Feld zwischen Mingus, Monk und Ellington absteckte. Beide: (4) Dabei gewesen wäre ich am liebsten in der Great American Music Hall (S.F.). Dort räumte die brasilianische Sängerin und Pianistin Tania Maria kräftig ab: THE REAL TANIA MARIA: WILD! (CJP 264). Real, weil sie auf der Bühne vor Spiellaune übersprudelt; wild, weil ihr Samba-Jazz mit einem für Puristen irritierenden Schuß Funk und Rock versetzt ist. Dem Label-Namen „Concord Picante“ machen Tania und ihre Band alle Ehre“ (5)
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