Oldies
Wohl noch nie war die Gelegenheit so günstig wie jetzt, die ungezählten (weil unzähligen) Schätze der schwarzen Musik zu heben. Diverse Neuautlagen überschwemmen den Markt. Fangen wir bei „Soul Brother Nr. 1“, James Brown, an: Mit AINT THAT A GROOVE (Polydor 821 231-1 Y 1) und DOING IT TO DEATH (Polydor 821 232-1, beide IMS) werden die Jahre 1966-73 aufgearbeitet, in denen Brown mit wechselnden Besetzungen arbeitete, ohne daß sein explosiver Stil Schaden nahm. Bei der von Clitf White sachkundig und ohne strikte Hit-Sicht vorgenommenen und kommentierten Zusammenstellung fehlt jeder Anflug billiger Mitleids-Nostalgie. Brown ist verdammt aktuell. Sollte mal jemand nach dem „Erfinder“ des Funk suchen, hier wird er fündig (6).
Gleich ein ganzes Bündel hochwertiger Interpreten legt Edsel Records (Import durch Wishbone) vor. Spitzenreiter ist Clarence Carter mit SOUL DEEP (ED 125). Ereignisreiche Seelenklänge zwischen Otis Redding und Marvin Gaye, die in Europa bisher zu wenig Beachtung fanden (5).
Einwandfreie Kompilationen liegen vor von den Clovers mit COOL CATS (ED 126), Dort Covay & Goodtimers mit MERCY (ED 127), Ben E. King mit HERE COMES THE NIGHT (ED 131), Clyde McPhatter & Drifters mit BIP BAM (ED 132), Sam & Dave mit CANT STAND UP FOR FALLING DOWN (ED 133) und Rufus Thomas mit JUMP BACK (ED 134).
Jede auch nur annähernd vollständige Auflistung von Hits &Highlights würde den Raum dieser Kolumne mehrfach sprengen, und nähere Einführung benötigen die Interpreten ohnehin nicht. Deshalb ein Pauschalurteil: (4) Eher dem Blues alter Schule verpflichtet ist Albert King, von dem Material seiner berühmten LP BORN UNDER A BAD SIGN plus einiger Singles auf LAUNDROMAT BLUES (ED 130) erscheint. Begleitet von Booker T. & The MGs läuft einer der drei „Kings Of Blues“ (die beiden anderen sind Freddie und B. B.) zu Höchstform auf: knapp (5).
16 Stücke der LPs I CAN TELL und SOUTHERN FRIED sind auf SPOONFUL (ED 129) von John Hammond, dem kenntnisbeladenen weißen Bluesmann versammelt (4). Dr. John schließlich kann auf I BEEN HOODOOD (ED 128) mit besten Titeln von RIGHT PLACE; WRONG TIME und DESITIVLY BONNAROO aufwarten. Ein guter Einstieg in die nicht immer einfache Musik des Doctors (4).
Wir bleiben noch ein wenig im schwarzen Bereich. DRIFFTING BLUES (Aladdin/Score 1546611, ASD-EMI) von Charles Brown bringt angenehme Musik für die ultraspäten Stunden, Schlafzimmermusik im besten Sinne.
Gleich weiter zu den allseits beliebten Samplern: ROCK SOCK THE BOOGIE (Charly CR 30237 TIS) bringt Einschlägiges von Big Joe Turner, Big AI Sears und weniger bekannten Künstlern (3).
‚Von gewohnter Güte ist HOT CHILLS & COLD THRILLS (Kent 023/TIS), obwohl die ganz großen Namen fehlen. Aber Stimmen wie Garland Green, Junior Parker oder Shirley Lawson sprechen, pardon: singen für sich (4).
Umso betrüblicher fällt SOUL AGENTS (KENT 025/TIS) aus. Geht das gute Material aus? Trotz Jackie Wilson, Erma Franklin und The Chi-Lites tummelt sich hauptsächlich unterer Durchschnitt. Knapp: (3).
Wir machen einen unserer beliebten Sprünge, und den gleich gründlich. Von David Bowie, dem bleichesten aller Briten, liegt mit LOVE YOU TILL TUESDAY (Metronome 820 083-1 ME) eine neue Kompilation früher Werke vor, einschließlich der Originalversion von „Space Oddity“, unveröffentlichten Titeln und Remixes. Obschon ich mir Mühe gebe, kann ich die spezielle Bowie-Magie nur rudimentär spüren. Aber seine Fans wissen sicher genau, weswegen sie ihn vergöttern. Als Kompromiß eine (4).
Eindeutig ist die Sache dagegen bei den Live-Aufnahmen der beiden LPs FLAMIN GROOVIES ’68 und ’70 (Eva 12044 und 12045/Rimpo). Unverzichtbar für alle Groovies-Fans und technisch gut bis passabel, eine willkommene Ergänzung zu SLOW DEATH LIVE. Knapp: (4).
Von The Sweet, der Glitter-Rock-Gruppe, die die Duran Duran ihrer Zeit war, liegt IT’S IT’S… SWEET’S HITS (Anagram 16/Wishbone) vor. „Poppa Joe“, „Wigwam Barn“, „Blockbuster“ und andere haben erstaunlich wenig Staub angesetzt (4).
Unverwüstlich sind auch die beiden LPs CAROLINA COUNTY BALL und TRYING TO BURN THE SUN (Safari LONG 7 und 8,/Wishbone), die Ronnie James Dio mit der Band Elf einspielte. Härte und blueslastige Melodien (3).
Last not least noch eine mittlere Überraschung: Von Jack Lee, einem glücklosen New Waver, liegen GREATEST HITS VOL. 1 vor(Lolita 5019/Rimpo). Wer gern hören will, wie „Come Back And Stay“ (Paul Young) oder „Hanging On The Telephone“ (Blondie) ursprünglich klangen, soll hier zugreifen, zumal auch die restlichen neun Stücke überm Strich landen (4).
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