Rock-Spezialitäten
Gute LPs werden selten, und so fallt ein rundum gelungenes, auf den (herbstlichen) Punkt treffendes Debüt wie ALMA MATER der nordenglischen Stockholm Monsters umso angenehmer auf. Ein sparsames Gemisch aus New Order, Psychedelic Fürs und folkloristischen Elementen, stilistisch geschlossen und ohne große Ausfälle. Seit langem die beste LP auf Factory (RT-Vertr., 5).
Dem Ladenpreis nach nur für Fans gedacht ist die aufwendig gestaltete Box BEATING THE RE-TREAT von Test Department aus GB, denen viele nachsagen, nur vom Erfolg der Einstürzenden Neubauten zu leben. Tatsächlich basiert die Musik der zwei Maxis (= LP-Länge) auf Metallschlagwerk, doch verfeinern Test Dept. den animalischen Faktor durch kultische Klänge (Cello, Harfe), deren Faszination auf Schleichwegen das Hirn durchdringt (Some Bizarre, 5).
Erst Southern Death Cult, dann Death Cult und heute nur noch Cult nennen sich die Männer um Sänger lan Astbury, dessen Stimmlage zwischen Spandaus Tony Hadley und 70er-Rock-Manierismen einzuordnen ist. Die LP DREAMTIME erscheint als Erstauflage mit zusätzlicher Live-LP, wo der melodiöse, leicht pathetische 84er-Rock fast noch beser klingt (Beggars Banquet, 4).
Die Singles/Maxis des Monats: Edwyn Collins (Orange Juice) und Paul Quinn (Ex-Bourgie Bourgie) kamen für sich zu dem Ergebnis, daß sie niemals einen so perfekten Song wie „Pale Blue Eyes“ schreiben könnten. Folge: eine für den Film „Punk Rock Hotel“ produzierte Cover-Version, die dem Velvets-Original so nahe wie möglich zu kommen sucht (UK-Import, 3).
Ex-Monochrome Set-Gitarrist Lester Square verblüfft mit seinem raffiniert-einfachen Schlager „The Plug“, der in kein Wave-Schema passen will und trotzdem Ohrwurm-Qualitäten entwickelt (Rough Trade Vertr., 4).
Auch Marc Almond goes Schlager: „You Have“ bringt Leichtgewichts-Melodik und könnte Marcs verblassenden Ruhm im Pop-Lager aufpolieren. Zum Ausgleich dazu ein Blues-Original sowie eine gut viertelstündige Orgie im Stile der SODOM-LP (Phonogram Imp., 4).
Ganz wie gehabt klingen The Smiths auf „William“, neu allerdings Johnny Marrs siebenminütiges Gitarren-Feature „How Soon Is Now“, das die Maxi-Ausgabe zu einem Muß für Fans des Marr-Sounds macht (Rough Trade, 4).
Besagtem Label haben The Go-Betweens den Rücken gekehrt. Mit neuem Vertrag und neuer Moral widmen sie „Part Company“ ihrer abgeschlossenen Vergangenheit. Eigenartige, doch leicht zugängliche Gitarrenmusik – die neue LP wird freudigst erwartet (WEA-Import, 5).
The Fall sind ebenfalls immer eine Schublade für sich: „Creep“ bringt auf der Maxi die schon obligatorische Fall-Vision eines DanceMixes: eine Neuerung für jede Disco. Ansonsten läßtdas neue Material auf einen überaus glücklichen Honeymoon des Ehepaares Brix & Mark E. Smith schließen (Beggars Banquet, 5).
Eine produktive und interessante Band aus der Londoner Batcave-Szene ist Alien Sex Fiend, die sich auf „Dead & Burted“ weiter gesteigert haben. Ein Tip für alle Psycho-Punks (RT-Vertr., 4) Neu von Robert Wyatt kommt die EP WORK IN PROGRESS, wo ihn die Suche nach sozial relevanten und engagierten Pop-Songs zu Peter Gabriel getrieben hat, dessen Ode an den südafrikanischen Freiheitskämpfer Steve „Biko“ er in gewohnt eindringlicher Weise interpretiert (Rough Trade, 4).
Parallel erscheint bei Virgin eine LP mit Wyatts Charts-Erfolgen der 70er: „l’m a Believer“ und „Yesterday Man“ sind somit incl. B-Seiten endlich wieder erhältlich (UK-Import, 4).
Ein typisch englisches Unikum: die fröhliche Folk-Stimme der Helen McCookerybook, zarte Rhythmusgitarre und ein alles umgarnendes Bläser-Arrangement -Helen & The Horns benötigen nicht mehr, um mit „Footsteps At My Door“ zu überzeugen (RCA-Import, 4).
Sphärisch und ohne Biß geht „Voodoo“, ein Projekt von Jah Wobble und Polly Eltes, über die Zeit. Wo ist Jahs herrlicher Baß. (2).
Besseren Dröhn-Sound findet man auf „Unclean“, dem neusten Produkt der zum Quartett geschrumpften Psychic TV. Großer technischer Aufwand (siehe LP) ist hypnotischem Sequenzer-Beat gewichen (4) (beide RT-Vertr.) Gut produzierter, deutscher Garagen-Rock von internationalem Standard – gibt es sowas? Die Antwort liefern The Beauty Contest, deren erste EP mit dem Song „City Lights“ ein echtes Juwel verbirgt. Auch die restlichen drei Titel lohnen das reinhören (4).
Gitarrenlastig ebenfalls, doch eher von englischen Vorbildern beeinflußt klingen Die Helden aus Kassel. Obwohl die Helden mit deutschen Texten arbeiten, fügt sich der Gesangspart reibungslos in den angloamerikanischen Rahmen (3) (Beide EPs über Das Büro, 4000 Düsseldorf).
Und die guten Amateure sterben auch nicht aus: Operation Gomorrha mit ihrer Privat-Hymne fürJung-Twens: „Born in Sixty Four“. (Gabba Gabba, Rübenkamp 5, 2 Hamburg 60 (3).
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