Sade – Diamond life

Der Tag geht langsam unter. Der Zeitgeist-gestreßte Großstadt-Profi ergreift das schwarz/nachtblaue Albumcover, das so zwanglos wie nur möglich gegen die weißgetünchte Wand seines Lofts gelehnt ist – zieht mit manikürten Händen das Vinyl aus der Hülle und setzt behutsam den Diamanten in die Rille. Die ersten Takte von „Smooth Operator“, scheinen die sündhaft teuren Lautsprecher zu streicheln, das zart angeblasene Saxofon flüstert pure Erotik – und als die Sängerin die erste Textzeile hinter sich gebracht hat, lehnt er sich zurück und genießt es, auf dieser Welt zu sein…

Was die trendbewußten Engländer wie Style Council und – in konsequenterer Weiterführung-Everyithing But The Girl bereits ankündigten, wird durch Sade (sprich: Schade) eindrucksvoll bestätigt: Jazz ist heiß, in, modern, hip! Möglichst cool – mondän-swingend, ohne aber in elitäre Harmonie-Kombinationen abzuheben und damit dem „Pop“ keine Chance mehr zu lassen.

Sade bringt also Easy Listening-Jazz mit vereinzelten Funk-Spurenelementen. Und eine saftige Portion Soul. Dazu mit Sade Adu eine Sängerin, die mit ihrer dunkel verr(a)uchten Stimme sehr genau und berechnend umzugehen weiß: Ob sie an strategisch wichtigen Textstellen ihre zum Großteil selbstverfaßten Melodien mit einem unterschwelligen Gurren pfeffert, oder durch abruptes Zurücknehmen ihrer erdigen Stimm-Kraft mit einem Mal sanft und unschuldig zirpen kann ein seltener Ohrenschmaus ist das allemal.

Und – welch göttliche Verschwendung – man bestaune die Schönheit dieser Frau! Ein unnahbares und doch verwundbares Gesicht, beherrscht von einer Fleischwunde von Lippen, aus denen bedächtig Gesang hervorblutet.

In den Texten, die mit Ausnahme eines Songs auch von Sade Adu selbst stammen, beschreibt sie „Frankie’s First Affair“, den weltgewandten „Smooth Operator“, die bis zur Selbstaufgabe hilfreiche „Sally“ – einfache Geschichten, schnell erzählt und doch recht stimmungsvoll. Schon die erste Sade-Single „Your Love Is King“ hatte eine Menge versprochen, was das brillante Erstlingsalbum zweifellos hält. Klar, DIAMOND LIFE ist in Wahrheit doch nur Gebrauchsmusik (siehe Intro), aber wann bekommt man schon einen Diamanten zum Preis einer ganz normalen LP?