Hard Rock/Heavy Metal

Seiten sah er so häßlich aus wie auf BARK AT THE MOON (CBS 25739). Was ein fähiger Maskenbildner wert ist, zeigt sich am Cover von Ozzy Osbournes neuester Langrille, wo aus dem Fledermaus-Fan ein ausgewachsener Werwolf geworden ist. Wer allerdings glaubt, ihn erwarten ähnlich verschrobene, haarige Dinge auf musikalischem Gebiet, wird überrascht sein.

Denn der Chef des Horrors erweist sich als aufmerksamer Beobachter aktueller Strömungen, ohne daß die stilistische Patchwork-Arbeit an allen Stellen überzeugt: „Rock ’n‘ Roll Rebel“ und „Bark At The Moon“ sind schwere, hartlegierte Songs, in denen der Juwelier der Band. Jake E. Lee, sein ganzes Können aufbietet, das virtuose Spiel über etliche Stufen und Solo-Kurven aufbaut und so Ozzys Stimme stützt. Ein harmonisches Bild, das in „So Tired“ durch klebrige Streicher und fromme Gesangs-Staffagen im Stile Barry Manilows an Brisanz verliert. (3)

Für Accept, die Solinger Stahlschmiede, beginnt die Ballsaison ’84 mit einem Volltreffer namens BALLS TO THE WALL (RCA PL 70186), einer LP, die in ihrer reifen, von satten, federnden Gitarren getragenen Art und dem prallen Overall-Sound unter Michael „Mastermix“ Wageners Regie großes Flair besitzt. Gewachste Rhythmen, die durch stürmische Windkanäle gleiten, Riff-Rock en masse und Udo Dirkschneiders messerscharfe Stimme sind starke Pluspunkte. Allein die Ballade „Winter Dreams“ als Finale fällt etwas ab. (5)

Bei Vandenberg, den Hardrock-Gentlemen aus Holland, und ihrer LP HEADING FOR A STORM (WEA 79-0121-1) stehen Melodien im Vordergrund. Die neun Songs sind straff, kompakt und auf ergiebige amerikanische slimlirte in den Arrangements zugeschnitten, wobei die beswingte Gitarre von Adrian deutlich an Michael Schenker erinnert. (3)

Für Rated-X ist ROCK BLOO-DED (Boots 08-1663) der erste Versuch in Richtung eines Boogie n“ Roll, der an den Klischees vorbei auf eigenen Beinen stehen soll7 Wie es geht, zeigt im Ansatz „Gimme Lovin'“, Opener der zweiten Seite, wo das Hannoveraner Trio aus Baß, Gitarre und Drums seine ansprechende Spieifreude entdeckt. Ansonsten bleiben die Feinheiten aus.

2) TORCH (Tandan TAN LP 5/ Wishbone Records) aus Schweden verzichten auf einen Titel für ihre LP und lassen dafür in zehn Songs ihre Volvo-PS-Stärken sprechen. Widerstandsfähiges Metall aus dem Norden ist längst ein Qualitätsbegriff. Schnell, überlegt, sattelfest und geschmeidig in jeder Lage präsentieren sich Sänger Dan Dark. Skandinaviens. Bruce Dickinson! und seine Mannen, von denen vor allem die beiden Gitarristen mit wilden heavy-Einsätzen das Eis zum Schmelzen bringen. (5)

Daß eine stärk verhallte ; und verzerrte Gitarre noch keinen Jimi Hendrix macht, wissen Leute vom Format eines Frank Marino und Uli Roth genau; nur Bernie Torrne scheint diese Erkenntnis vergessen zu haben. Auf ELECTRIC GYP-SIES (Zebra ZEB 1/Wishbone) entsteht aus traditionellem Hardrock und vereinzelten Space-Klängen eine recht dürftige, leicht antiquierte Geräuschkulisse, von der sich Tornies Spiel kaum einmal absetzen kann. (2) Im Orchester harter Heavy-Pauken nehmen Acid aus Belgien und MANIAC (Giant G 712/Wishbone) einen Extraplatz ein. Ihre schnörkellose Power und das mitunter etwas fremde Organ von Sängerin Kate sind der Stoff, aus dem echte Headbanger-Träume geschmiedet werden. Mit aggressiven, ungeschliffenen Mitteln geht man ans Werk, ohne dabei auf sensible Ohren zu achten. (4)

An der Gitarre kann sich die Größe einer Band entscheiden. Ein Beispiel: Earthshaker (Boots 08-1958) aus Japan wären bloßes Mittelmaß, wenn Gitarrist Ishihara nicht lange, furiose Wege ginge, auf denen er seine Vorliebe für herzhaft trockene Akkorde und Spurts ausspielen kann. Trotz des japanischen Gesangs bewegt sich das Quartett stilistisch ganz auf europäischem Boden. Mein Favorit ist das von Iron Maidens Adrian Smith geschriebene „Dark Angel (Animals)“. (4)