Funk/Soul

Mehr von dem großangelegten Breitwand-Soul seines ersten Solo-Albums bringt uns Jeffrey Osbornes zweite LP STAY WITH ME TONIGHT (A & M AMLH 64940), die deutlich an JEFFREY OSBORNE vom letzten Jahr angelehnt ist, aber auf keinen Fall schwächer abschneidet. „Wieder hat ihn der vielbeanspruchte George Duke produziert und wieder hat Jeffrey einen Berg von hochwertigem Song-Material beisammen. Duke findet mit seinen Produktionen immer einen mondänen, mittelschweren Groove, der die großen Stimmen, die man ihm in letzter Zeit anvertraut hat (Deniece Williams, Philip Bailey, Kathy Sledge) voll ins Licht rückt. STAY WITH ME TONIGHT hat den selben Schliff – alles ist prall und pompös arrangiert, jedes Instrument ragt gestochen scharf heraus und ist trotzdem eindeutig dem“ Gesang untergeordnet.

Daß Jeffrey Osborne zu schade war, um nur als Sänger bei LTD zu fungieren, stellt dieses Album ein für allemal unter Beweis.

Ein ungeheuerlich Soul-volles Wiederauflaufen zu bester Form auch für AI Hudsons One Way-Gang – SHINE ON ME (MCA 5428) ist die attraktivste und ausgewogendste LP, die die neunköpfige Allround-Band aus Detroit je zusammengestellt hat.

SHINE ON ME ist in schwelende, gebremst vorandriftende Midtempo-Nummern und Balladen unterteilt und erinnert auffallend an Oliver Cheathams jüngstes, ebenfalls von Hudson & Co produziertes Album SATURDAY NIGHT.

Lillo ist der neueste Zugang bei Kashifs Mighty M-Produktions-Team (Kashif, Paul Lawrence Jones, Morrie Brown). Eigentlich ist der 23jährige New Yorker Leichtathlet und trainiert für die Olympiade; als Songwriter trat er erst vor zwei Jahren auf, als er „Mind Up Tonight“ für Melba Moore schrieb, die sich bei den liner notes sein ersten Albums – LET ME BE YOURS (Capitol ST 12290) – nun revanchiert(„Lillo is definetly one of the finest young male vocalists…“). Als Sänger ähnelt er Kashif, wenngleich seine Stimme mehr ins Falsett hineinreicht; auch sonst hat LET ME BE YOURS, von dem balligen Trott der Moog-Bässe angefangen, alle Trademarks neuerer Mighty M-Produktionen aufzuweisen.

Kommen wir zu den 12″-Singles; LaToya Jackson, „Bet’cha Gonna Need My Lovin'“ (auf LARC). LaToya ist Michael Jacksons Schwester, deren Solo-Karriere seit ihrem 79er-Hit „If You Feel The Funk‘ eigentlich nie so richtig in Fahrt kam. „Bet’cha Gonna…“ hat einiges für sich: eine schneidige, schwungvolle Nummer im Tempo von „Wanna Be Startin‘ Something“, bei der LaToya ähnlich ausgelassen klingt wie Stacy Lattisaw.

The Strangers: „Step Out Of My Dream“ und Surface: „Falling In Love“ (beide auf Salsoul). Zwei erstaunlich stimmige und subtile Produktionen von New Yorks Salsoul-Label. Hinter der Strangers-Single steht D-Trains Hubert Eaves, der seine schwerfällig vorantaumelnden Baß-Synthesizer hier genauso anordnet wie bei den langsameren Songs des letzten D-Train-Albums. Das Ganze braucht einige Zeit, um sich voll zu entwickeln.

New Jerseys Surface, Karen Copeland und David Conley treffen bei den sechseinhalb Minuten von „Falling In Love“ alle richtigen Noten das luftige und gedämpfte Moog-Backing, die sich immer wieder einhakende Rhythmus-Gitarre, eine simple und solide Melodie und Karens hohe, fast schon gehauchte Stimme – alles an seinem Platz. Ich habe seit Terri Wells „You Make It Heaven“ nichts Vergleichbares mehr gehört.

Wenden wir uns den neuen Elektro-Junk, äh, Funk-Singles zu: Verycheri und „69 Cancer Sign‘ (auf Zakia Rec). Es beginnt mit dem üblichen Vocoder-Geknarre, das aber schnell von wild durcheinanderplappernden „kleine Strolche“ (oder New Edition!)-Stimmen abgelöst wird. Einzelne Segmente sind zum Mixen bestens geeignet. Der schubweise losplatzende Baß macht „69 Cancer Sign“ zu einer der lebendigsten Hip Hop-Soundtracks der letzten Wochen.

Project Future: „Ray-Gun-Comics“ (auf Capitol). Der Titel ist von Gil Scott-Heron geklaut, Performance und Produktion gehen aul das Konto von Dayton und derer Hintermann Rhani Harris. Auch hier wird der Vocalpart wieder aus den obligatorischen Vocoder gefiltert, ist somit also kaum zu verstehen, dabei allein der spiralförmigen scratch- und delay-Effekte wegen ist das Ganze ungemein amüsant. (Für die hier abgehandelten Import-Singles checkt ihr am besten Disco-Pool 0991-24866; 8360 Deggendorf).