Nick Löwe – The Abominable Showman

„Der abscheuliche, widerwärtige Show-Mann“? Nick Lowes Sarkasmus und Ironie sind bekannt. Einige hartgesottene Rock-Fans könnten dem britischen Veteranen aber aus Verbitterung über das neue Werk diesen Titel ernsthaft verpassen. Löwe gibt seine Zwiespältigkeit offen preis: Der beinharte Rock ’n‘ Roller steckt immer noch tief in ihm, doch als eleganter Entertainer haarscharf an der Schmalz-Grenze macht er heute ebenso überzeugte Gehversuche.

„We want action“ gröhlt ein aufgebrachter Eingangs-Chor, und der Meister von messerscharfen Songs zwischen Rock ’n‘ Roll und Pop drückt auf die Tube. Im Verein mit Paul Carrack, Martin Belmont, James Eller und Bobby Irwin – auch bekannt als „Noise To Go“ – zimmert er griffigen Pop-Rock, knapp und prägnant, voll auf den Punkt.

In der zweiten Nummer „Racin‘ Eyes“ ist der Fünf-Takter schon voll auf Touren. Alter, dampfender Rockabilly. Paul Carrack schiebt das Piano durch den Saal, Nick Löwe knödelt am Mikro, Bobby Irwin drischt auf die Felle – und Martin Belmont und James Eller zerren an den Saiten „Cool Reaction“ startet mit einem Jimmy-Cliff-lntro à la „The Harder They Come“, um dann in einen galanten, reggae-fizierten Groove einzufließen. „Time Wounds All Heels“ liefert erste Konfrontation: Schlitzohr Löwe zelebriert Sanft-Elegantes, im Hintergrund drängeln sich die Geiger – und einige Background-Eulen (u. a. Lowe-Angetraute Carlene Carter) zwitschern dazu.

Überboten wird dieser Weichspüler von „Paid The Press“, einem Moon- Martin-Original, das mir in der leicht rockenden Version des kleinen Brillenträgers weitaus besser gefällt. Oberhaupt ist Nick Löwe ruhiger, besonnener geworden. Ein Ausdruck des Älter-Werdens?

Sehr gut steht ihm diese Seite allerdings bei der Ballade „Wish You Were Here“ zu Gesicht. Einfühlsam gleitet er im Duett mit Paul Carrack über harmonische Klangwolken.

THE ABOMINABLE SHOWMAN wird sicher für reichlich Zündstoff m der Lowe-Gememde sorgen. Haß und Liebe für den „neuen“ Nick Löwe werden eng beieinander liegen.