Funk/Soul
41 Jahre, 31 Platten und immer noch the man -George Clinton. COMPUTER GAMES (EMI 1A 064-400 143) überrascht mich als Titel für seine erste Solo-LP, denn gemäß Clintons eigener Philosophie sind Logik plus Computer die Hölle, anders gesagt: das „Placebo-Syndrom“, also das Gegenteil von dem, was gut und rechtens ist (dem FUNK nämlich).
Was soll’s, Computer sind das neue Spielzeug – Video-Manie in Brooklyn, die Elektro-Funk-Invasion in den Bronx-, und Clinton holt sich ja seit jeher alle Exzesse geradewegs von der Straße und mischt sie mit seiner blühenden funktasy zusammen.
COMUTER GAMES läuft meist über einen straighten, massierten Backbeat, die 12minütige Version von „Man’s Best Fnend“, die sich mit „Loopzila“ überschneidet (ein Medley incl. „Planet Rock“, „More Bounce To The Ounce“ etc.), ist mit das Beste, was Clinton m den letzten Jahren zusammengemixt hat. Funk-Stille gebrochen, Skipper. „… like planet rock wejust won’tstop, we’re gonna dnve you nuts, …'“ Bleiben wir auf dem Groove: General Calne sind fünf windige biothers aus San Bernadino; ihr GET DOWN ATTACK-Debüt war 81 das härteste und schizophrenste Stück Street-Funk jenseits von Prince Charles GANG WAR: nur Baß und BreakReflexe, nur „Burn Down The House!“ und „Teai Off The Rrf‘-Kommandos; GIRLS (Tabu/CBS FZ 37997 Imp.) reicht zwar nicht mehr ganz an die schiere Raserei und Unberechenbarkeit von GET DOWN ATTACK heran, ein würdiger Nachfolger ist es aber allemal.
Zurück nach New York, 123. Straße. Könnt ihr euch vorstellen, was passiert, wenn da ein Natty Dread aus Kingstons Trenchtown mit ein paar vollgeknallten Space-Rappern aufeinanderprallt? Eine 12″-Single wie „Rock The House“ unter dem Arbeitstitel Pressure Drop eben, herausgegeben von Tommy Boy, dem kleinen Label mit dem großen Hit von der Soul Sonic Force.
Noch mal Rap: „Monday Night Football“ von Hort ‚Em Bad & The S.C. Band (auf Profile/Imp.) ist ein take-oft Von Zapps „Dance Floor“ und eine lebendige Jubelane auf den American Football mit einem Super-EmCee in der Hauptrolle, einem AI Capone am Mikrofon sozusagen.
Zwei blendende Beispiele für Uptown-Manhattans vollautomatischen City-droove: Warp 9 sind Connie Cosmo, Mr. C und Dr. Space, und so ungefähr sehen sie in ihren weißen Teflon-Anzügen auch aus. Ihr „Nunk“-Disco-Mix (auf Prism/Ansta) rattert los wie ein Flipper beim Doppel-Freispiel, ein Elektro-Funk-Twist, Kraftwerk und andere Kosmonautenträume inbegriffen. Nachdem Techno-Wizzard Arthur Baker Eddy Grants „Wallang On Sunshine“ mit Synthesizern und Vocodern zu neuem Glanz verhalf, versucht er es jetzt auch bei Manu Dibangos altem „Soul Makossa“-Smash. Eine Meisterleistung! Baker empfiehlt sich als unschlagbarer Sound-Novitäten-Speziahst: „Soul Makossa“ enthält ein Dub-fnsiertes Instrumental, eine Rap-Version und zusätzliche Bonus-Beats – die Art von Single, die LPs bald überflüssig machen könnte.
Noch ist es natürlich nicht soweit, jedenfalls nicht, solange Platten wie Evelyn Kings GETTING LOOSE (RCA PL 14337) erscheinen. Es ist kurz und knapp – das Soul-Album der letzten Wochen Evelyn scheint immer besser zu werden, seit sie das „Champagne“ aus ihrem Namen gekippt hat und mit Morrie Brown und Produzent Kashif zusammenarbeitet, die nicht gleich mit 20köpfigen Symphonie-Orchestern ins Studio gehen, wie das gemeinhin als ladylike vorausgesetzt wird. Oh ja, Evelyn hat nach wie vor eine jener edlen Stimmen, die Worte in den Hintergrund‘ drängen; sie könnte das nächst beste Telefonbuch rauf und runter singen und jede Sekunde wäre es wert, in Vmyl gegossen zu werden. , Ich wünschte, daß ich zu Millie Jacksons HARD TIMES (Polydor 2391-555) ähnlich ergreifende Worte finden könnte. Leider nicht möglich! Gott im Himmel, Milbe könnte größer sein als Donna Summer, statt dessen klingt sie heute genauso verlebt und; ausgepowert wie Tina Turner. Ihre Stimme hat in alarmierendem Maße in den Höhen verloren, sie bekommt kaum noch Schattierungen und Sinnlichkeit hinein, mit anderen Worten sie giftet und geifert mehr, als sie singt. Aggressiv, sicherlich, mit Burbon in der Blutbahn und einem rüden, rotzigen Jargon wie ein Call-Girl aus einer viertklassigen Times-Square-Absteige, aber irgendwie reiche lieh witzlos und unmotiviert.
Noch zwei alles in den Schatten stellende 12″-Singles: „Over Like A Fat Rat“ von der… herrje, also der Ex-Don- Armando’s-Seeond-Avenue-Rhumba-Band-Sängenn Fondae Rae (auf Metronome), vom ehemaligen Ze-Sideman Bob Blank produziert, soulful, ausgeglichen und um ein paar findige Dub-Tncks verlängert.
So, und der absolute Gewinner dieser Rubrik kommt jetzt – „It’s Raining Men“ von den Weather Girls (CBS): das ganze Feuer eines hysterischen Gottesdienstes mit allen „Hurrahs“ und „Halleluhjahs“ dieser Welt, übereinandergefürmte Stimmen, em bis zur Weißglut gesteigerter Kanon, ganz einfach die entfesseiste Vocal-Performance seit ewigen Zeiten. Eine potentielle Soul-Single des Jahres, jawohl: jetzt schon! Ulli Güldner
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