Kid Creole & The Coconuts – Tropical Gangsters
Ursprünglich hätte TROPICAL GANGSTERS ein Solo-Album von August Darneil (alias Kid Creole) werden sollen, und an manchen Stellen hört man das selbst durch die üppigen Arrangements heraus. Denn TROPICAL GANGSTERS, das dritte Album von Kid Creole & The Coconuts, klingt purer, härter und bringt mehr Funk rüber als die verspielte Debüt-LP und das romantische FRESH FRUIT-Album vom letzten Jahr. Die Songs sind fest eingebettet ins straffe Netz von Darnells allgegenwärtiger Rhythmus-Gitarre, Kid Creoles Partner, das Unikum Andy Hernandez (alias CoaüMundi) hat diesmal nur einen Song beigesteuert: „I’m Corrupt“.
Die Coconuts sind ein wenig in den Hintergrund gerutscht; TROPICAL GANGSTERS ist eben ein Song-Album, und kein Musical wie FRESH FRUIT. Hier zählt die Musik als kompakte Einheit, und nicht ihr erzählerisch-dramatischer Wert. Entscheidend: Harmoniewechsel, Phrasierungen, Akzentverschiebungen, Bläser-Riffs, und pfundschwere Bassknüller, vor allem aber Rhythmus, Rhythmus, Rhythmus. Darneil mischt wieder alles auf: Calypso und Salsa, Reggae und Samba, Rumba und Funk. Wer hier still sitzen bleibt, ist selber schuld oder taub.
Augusts Gitarre, ganz in den Vordergrund gemischt, gibt oft nur mit zwei, drei schrägen Akkorden den Kurs an, darunter wühlt eine wieselflinke Bassfrau, die kreuz und quer über das Griffbrett flitzt. Die Bläser entfachen im Sound-Mittelfeld ein wahres Buschfeuer, und die unzähligen Percussions übereifern sich beim Verzahnen selbst der vertracktesten Synkopen. Und in den höchsten Sphären treffen sich die glockenklare Leadgitarre und Coati Mundis Vibraphon!
Es ist schwierig, einen der acht Songs nicht zu mögen. Meine Lieblingsstücke sind jedoch die beiden letzten: „The Love We Have“ wird ebenso wie „No Fish Today“ dirigiert von einer macht- und schwungvollen Basslinie und bedient sich darüberhinaus der aberwitzigsten Modulationen und Breaks der letzten Jahre. „No Fish Today“ hat den unwiderstehlichen Charme eines karibischen Fischers: Du weißt, er haut dich über’s Ohr – aber ist das nicht sein gutes Recht? Du erliegst seinen Geschichten vom Meer, von den Wellen, von der Sonne und von verwunschenen Traumstränden … Am Schluß wachst Du auf, stellst fest, daß Du nicht dem Fischer, sondern Kid Creole & The Coconuts verfallen bist.
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