Norman Spinrad – Champion Jack Barron
Norman Spinrad ist im Augenblick offensichtlich für jede Sensation gut. Im Februar wurde (ein Jahr nach Erscheinen der deutschen Übersetzung) sein Hitler-Roman „Der stählerne Traum“ (Heyne) von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften wegen vermuteter Gewaltverherrlichung indiziert. Diese erste Indizierung eines SF-Romans in der Geschichte unserer Republik hat der BPS herbe Kritik eingebracht. Jetzt wurde auch Spinrads 1969 geschriebener Roman über einen zukünftigen TV-Star übersetzt, ein rüder Text, der lange Jahre in einigen deutschen Verlagen wie ein heißes Eisen brannte. Die Entscheidung, ihn hierzulande jetzt doch zu veröffentlichen stellte den Übersetzer Joachim Körber vor eine schweißtreibende Aufgabe. Allerdings mehr wegen der Übertragung von Wortspielen und Assoziationsketten als wegen der lourletterwords, die im Deutschen kaum anders lauten als im Amerikanischen. „Champion Jack Barron“, hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck und wird auch die SF-Szene polarisieren. Er enthält reichlich Pornographie (hard core) sowie ekelhafte Beschreibungen medizinischer Experimente. Dazu kommt ein menschenverachtender Zynismus des Protagonisten, der in seiner Fernsehshow allein um der Sensation willen Mitwirkende lustvoll in die Pfanne haut. Einher geht bei ihm eine virile Selbstüberschätzung, die in seinen Augen jede Frau zum jederzeit (und für alles) verfügbaren Sexualobjekt degradiert. Das stößt ab – und doch handelt es sich bei diesem Roman um beste SF. Er erzählt die atemlose Geschichte des Duells zwischen einem Medienstar und einem Konzernboß, der Menschen die Unsterblichkeit anbieten kann. Außerdem besticht der Text durch seine kraftvolle Sprache, die von der Machtfülle der Hauptpersonen strotzt: Sprache, die unbändige Lust zum Lesen macht, selbst dort, wo das Geschilderte den Leser in heiße Wut versetzt. Ein böser Roman. Ein verdammt gut geschriebener Roman. Und wahrhaft nichts für kleine Kinder.
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