Betty Legier – Signs

Betty Legier kommt aus der Schweiz, die bislang nicht gerade als Kreativitätsherd für ideenreiche Songwriter bekannt war. Offenbar möchte sie diesen Makel beheben helfen. Die Pianistin und Sängerin hat alle 11 Titel ihres zweiten Albums SIGNS selbst geschrieben. Schenkt man dem Begleittext Glauben, will sie mit dieser Platte Zeichen setzen, wohin allerdings, wird manchmal nicht so ganz klar.

Der Vorzug, variabel komponieren und singen zu können, birgt die Gefahr einer gewissen Richtungslosigkeit. Betty Legier kann einerseits diesen Vorzug deutlich für sich verbuchen – sie hat eine makellose, farbige Stimme und spielt ein direktes, stimmungsvolles Piano – erliegt aber auch auf der anderen Seite der Gefahr, sich in zu verwirrender Vielfalt zu verlieren.

Das erste Anhören irritiert, so richtig warm mit dieser LP wurde ich erst nach fünf- oder sechsmaligem Hören. Dann aber ist das Eis gebrochen. Betty schreibt gefühlvolle Lieder, zerbrechliche Balladen, verhaltene Rocksongs. Sie alle handeln von Menschen, von Beziehungen zueinander, von Träumen, Hoffnungen und Niederlagen. Ihre Ernsthaftigkeit ist es, die überzeugt. Sie legt ihr Innerstes in ihre Lieder, scheut sich nicht, Gefühle zu zeigen, strahlt Klarheit und Ruhe aus.

Lediglich das rockige Kleid, das man ihr angezogen hat, will nicht so recht passen. Zu clean, zu steril spielen die Frankfurter Studio-Profis Daansen, Pfannmüller, Kolonovits und Besser die persönlichen Lieder der Betty Legier an die Wand. Sensibilität und Seele werden von der wie geschmiert laufenden Studio-Maschine ins Phrasen- und Klischeehafte abgedrängt. Lediglich Christian Felke am Saxophon hat starke Momente.

Fehlt Betty Legier auch die hemmungslose Power einer Chi Coltrane oder die stimmliche Faszination von Inga Rumpf oder Gianna Nannini, betritt mit ihr doch eine sympathisch emotionale Songwriterin die Szene, die durch die Offenheit ihrer Gefühle besticht. Sie hat eine Chance verdient. 3 (Betty Legier) 1 (Band)