Grateful Dead :: Dead Set

Dem Umstand, Grateful Dead im Rockpalast (wenn auch nur über Fernseher) gesehen zu haben, bin ich dankbar. Ihre Musik hat mich nämlich auf den Punkt getroffen. Und, warum sollte ich das nicht zugeben, einen Westcoast/Country-Rock-Trip meinerseits nach sich gezogen.

Die Aufnahmen zu DEAD SET stammen aus denselben Konzerten in San Franzisko und New York, die bereits Material für das vorige Album RECKONING lieferten. RECKONING bewegte sich zwischen akustischen Country- und Folk-Songs in der Art, wie sie auf WORKING MAN’S DEAD oder AMERICAN BEAUTY zu finden sind. DEAD SET dagegen, elektrisch, kommt der Grundstimmung des Rockpalast-Konzerts sehr nahe. Keiner der 13 Titel ist länger als acht Minuten und behalten so weitgehend live alle ihren Songcharakter. Mit ihrem Material weiß die Gruppe jedenfalls großartig umzugehen. Einfachste Country- und Blues-Harmonien verarbeitet sie zu gewaltigen Stücken, voll steigender Intensität und ungeheurer Ausstrahlung. Beste Beispiele: „Deal“, „Loser“, „Passenger“ oder „Franklin’s Tower“. Alle sechs Musiker zeichnen sich aus durch zurückhaltendes und spontanes Spiel. Das Hauptaugenmerk liegt keinesfalls nur auf Jerry Garcias zarter bis abgehobener („Little Red Rooster“) Gitarrenimprovisation, sondern ebenso auf Bob Weirs etwas schrägem Lead-Gesang oder den umwerfenden Gesangssätzen („Loser“, „Brokedown Palace“).

Es ist nun in der Tat schwierig, die Vielschichtigkeit der Dead-Musik und die Gefühle, die sie hervorruft, in Worten zu beschreiben – nur: „Franklin’s Tower“ war gestern abend in einer Discothek das einzige Stück, das mich zum Tanzen bewegte. Roll away, with yau… Für Grateful Dead lasse ich sogar das ZZ Top-Konzert in Hamburg sausen und fahre am gleichen Tag nach Bremen, um sie live zu sehen.