Genesis – Abacab

Schade, daß Kollege Steve Lake Mike Rutherford in seinem Interview (ME 10/81) nicht nach konkreten Impulsgebern gefragt hat, als dieser sich von der „Neuen Welle“ beeinflußt glaubte. Entdeckt haben dürfte Mike, erinnert man sich an sein Solowerk SMALLCREEP… und Genesis‘ DUKE, eine berufsjugendliche Ausgabe der „Neuen Welle“ erst innerhalb der vergangenen Monate. Und wie großzügig man mit diesem Schwamm von Begriff auch umgehen mag: Klangliche Parallelen ergeben sich da beim besten Willen nicht.

Bleiben wir also bei der Wahrheit: ABACAB baut weniger auf DUKE denn auf Collins‘ erfolgreiches Soloalbum FACE VALUE auf. Collins mußte, angesichts der Verkaufszahlen, nicht einmal den Ehrgeiz entwickeln, das Ruder des lecken Genesisdampfers an sich reißen zu wollen. So weltfremd und verklärt konnten selbst Banks und Rutherford nicht sein, um nicht von selbst auf diese populäre Richtung einzuschwenken. Zugegeben: Drastische Veränderungen lassen sich nicht von heute auf morgen verwirklichen, gar erzwingen. Es muß schon hart genug gewesen sein für Tony Banks, all die anerzogenen, klassischen Regeln bei der Produktion von ABACAB über Bord gehen zu sehen. Und er wird sich den einen oder anderen Knoten in die Finger gespielt haben. Ausrutscher gehören daher noch zur Tagesordnung: „Me And Sarah Jane“ (Banks), „Like It Or Not“ (Rutherford) und das gemeinsam verbrochene „Dodo/Lurker“. Die sind noch immer Genesis-typisch fett instrumentiert und bombastisch interpretiert. Doch dem stehen sechs gelungene Songs gegenüber: so Collins‘ archaisches „Man On The Corner“ (mit Drumbox), das fröhliche „No Reply At All“ mit den Earth, Wind & Fire-Bläsern und das herrliche chaotische „Who Dunnit?“, mein Favorit. Jetzt glaub auch ich wieder an eine Genesis-Zukunft. Darum mit Abstrichen: 4