Stift Little Fingers – Go For It

Nach einem völlig überflüssigen Live-Album haben SLF mit GO FOR IT vermeiden können, ins Headbanger-Lager abzurutschen. Die haarnadelscharfe Gratwanderung zwischen vehementen Polit-Punk und Heavy-Metal-Manierismus hat die Band umschifft und sich dadurch wohl auch das Schicksal erspart, das den meisten 77er Spätgeburten blühen dürfte. Dennoch: GO FOR IT ist bestenfalls ein Verlegenheitswerk, es gibt keine neuen Perspektiven, keine

konstruktiven Ideen und vor allem kein Songmaterial, welches dem Standart ihrer ersten beiden Lonqplays auch nur annähernd das Wasser reichen könnte. Man klammert sich an die bewährte Mixtur aus urbanem, unprätentiösem Rock’n’Roll und schroffem Großstadt-Reggae und ergeht sich dabei in endlosen Wiederholungen und Selbstplagiaten.

Während die Band auf Seite 1 noch weitgehend Bewährtes wiederkäut, ist sie beim zweiten Teil bemüht, das eindimensionale Konzept aufzulockern. Allein der Versuch bleibt begrüßenswert – das Resultat geht allerdings vollständig daneben. „Safe As Houses“ und „Gate 49“ sind konturenlose Riff-Rocker, garniert mit 50er Rockabilly-Gitarre, Background-Chören und Henry Cluney als Leadvocalisten, der mit seinem sanften Minnesänger-Tremolo bei irgendeiner MOR-Kapelle besser aufgehoben wäre. Ja selbst Burn’s Stimme klingt erstaunlich gedämpft, was aul Kosten ihrer kratzigen Schärfe geht und die Bläsesektion, die „Silber Lining“ den Garaus macht, könnte glatt dem Symphonieorchester des Hessischen Rundfunks entliehen worden sein.

Während Stadtguerilla Strammer nach Che-Guevara-Theorie die Destruktion der Klassengesellschaft propagandiert und durch die Solidaritätsappelle mit den Befreiungsfronten der Dritten Welt seinem Publikum die Indentifikation erschwert, sind SLF gedanklich fest auf dem Boden der Tatsachen geblieben … Auf britischem Boden allerdings, der Schrei aus der Diaspora – dem bürgerkriegszerrütteten Belfast – ist längst verhallt. Sicherlich sind die Schlachtrufe von INFLAMMABLE MATERIAL nicht konservierbar, aber etwas mehr hätte ich dem Textgespann Burns/Ogilvie schon zugetraut.

„Throw away the guns, and the war’s all gone…‘, heißt es da bei „Roots, Radicals, Rockers and Reggae“. Tja, so einfach ist das also und auch sonst flüchten sich die Beiden oft in brachiale Vereinfachungen. Peinlich wird es denn gar, wenn sie pubertäre Probleme breitwalzen wie bei „Kicking Up A Racket“; die Story eines darstellungsbedürftigen Heranwachsenden, dem das Tyrannisieren der Mutter mit überlaut abgespielter (SLF?)-Musik eine sadistische Freude bereitet. Am überzeugendsten sind die Songs immer dann, wenn auf die besserwisserischen Fingerzeig-Attitüde verzichtet wird, wenn Bums als Betroffener, nicht als Lehrmeister argumentiert. GO FOR IT wirft viele Fragen auf, läßt Entschluß und Überzeugungskraft vermissen und ist somit lediglich als blasse Reproduktion von NOBODYS HEROES zu werten.