David Lindley El-Rayo-X
Es soll ja Leute geben, hab‘ ich mir sagen lassen, die kennen von Jackson Browne nur seine Fassung des alten Zodiacs-Hits „Stay“. Na ja, sollen sie für uns Jackson-Browne-Kenner ist diese Aufnahme unter anderem deswegen bemerkenswert, weil sie zum ersten Mal als Sänger – und dazu noch als Falsettsänger! – den Slide-Gitarristen und Violinisten David Lindley vorstellt. Lindley, ohne dessen sensibles, Atmosphäre schaffendes Spiel viele Browne-Kompositionen nicht vorstellbar sind, ist auch auf Warren Zevons Studio-LPs zu hören, und vor Jahren hat er etliche Songs des Duos David Crosby & Graham Nash davor bewahrt, in gepflegte Langeweile auszuarten.
Jackson Browne und der Tontechniker Greg Ladanyi haben jetzt die erste Solo-LP des als Exzentriker verrufenen Musikers produziert. Die Platte ist alles andere als exzentrisch ausgefallen – im Gegenteil: EL RAYO-X (fragt mich nicht, was das heißt, der Titelsong ist in spanisch) ist eines der fröhlichsten, im positiven Sinne poppigsten Alben seit langem, mit einer Fülle ausgezeichneter, melodischer Songs in erstklassigen Arrangements.
Da gibt es eine Reihe von Rock-und Soul-Klassikern in ungewohntem Gewand, „Bye Bye Love“ und „Twist And Shout“ ver-reggaet, Smokey Robinsons „Don’t Look Back“ und „Your Ole Lady“ von den Isley Brothers in modernen, hitverdächtigen Versionen, und einen hart rockenden „Mercury Blues“, der der Interpretation von Steve Miller in nichts nachsteht. Die drei Titel eines gewissen Bob (Frizz) Füller, „She Took Off My Romeos“, „Ain’t No Way“ und „Quarter Ot A Man“ zeichnen sich durch witzige, teils eindeutig zweideutige Texte aus, was ich auch von den beiden Lindley-Originalen „El Rayo-X“ und „Pay The Man“ behaupten möchte. Huey „Piano“ Smiths „Tuber-cu-lucas And The Sinus Flu“ und Nancy Lindleys Zydeco- (Cajun-) Komposition „Petit Fleur“ runden die Ansammlung ausnahmslos guter Songs ab.
Die Instrumentierung sämtlicher Songs ist knapp gehalten, meist nur auf Gitarren, Baß, Schlagzeug und Perkussion beschränkt, mit vereinzelten exotischen Farbtupfern von Geräten wie Divan Saz, Banduria, Hammer Dulcimer oder Akkordeon angereichert, und die Arrangements sind effektvoll direkt. Lindleys eigenartig näselnde Stimme ist, auch wenn sie nicht in den höchsten Lagen eingesetzt wird, ein Erlebnis für sich.
Hören und kaufen!
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