Mitch Ryder – Got Change For A Million?

Es wäre schlicht verrückt, in der Februar-Nummer mit der definitiven „Platte des Jahres“ anzukommen. Legitim dagegen ist, diese LP ganz oben auf die Nominierungsliste dafür zu setzen. Gut, daß keiner der ursprünglichen Kandidaten Löwe (da weiß man nie) und Ferry (da weiß man . ..) produziert hat, sondern Ryder selbst. So blieb GOT CHANGE… in jeder Hinsicht ein sehr persönliches Album. Wer die Band Ende 1980 erlebte, mag ermessen können, wie überdurchschnittlich gut sie ist, bzw. wie stark sie sich verbessert hat. Der live immer ein wenig abgedrängte Billy Csernits prägt den Opener „My Heart Belongs To Me“ mittels angenehm verhallten Pianospiels. Bei mittlerem Tempo rechnet Ryder ab mit allen Herzverschenkern und rutscht nicht in dumme Macho-Gefilde, wenn er einen anderen Muskel mit Liebe in Verbindung bringt. „Back At Work“ und „That’s Charm“ – Feuerwerke in Rock und Funk, hochdynamisch, mit domninierenden Ausflügen der Gitarristen Richard Schein und Joe Gute. Schließlich der erste dreier absoluter Höhepunkte: „Red Scar Eyes“, eine wunderschöne Kneipen-Ballade; textliche Selbstentblößung, die ins Privateste geht: „I broke down my woman that’s the worst thing I ever done.“ Keine Spur dabei von (in Songs so oft) abgedroschenem Säufer-Jammern, hier meint einer, was er singt.

„Bang Bang* eröffnet als nächster Volltreffer Seite zwei: Mitch contra Militarismus, das im Marsch-Rhythmus eingestreute „2 … 3 … 4“ geht unter die Haut. „Betty’s Too Tight“ ist eine volltourige Hommage an die Zeit, als Ryder Mitte der Sechziger pechschwarzen, soulgetönten R & B herausschrie. Und dann wird Gericht gehalten. Zur Verhandlung steht an: die Sache Ryder gegen den Herrn ex-Gouverneur. Mit Reagan in die Traufe oder, Originalton M.R.: „Er ist nicht mein Präsident ich bin aus Amerika.“Her alte, altmodische, ach so aufrichtige Schauspieler als Charge, hinter der schon andere lauern:

He plays a small part just to act in command … if he should die in comes the Bush-CIA.“ Über „Bare Your Soul“ geht’s zum großen Finale „We’re Gonna Win“: völlig entspannt, fließend, mit dem nötigen Drive im Gerüst. Ein Hit eigentlich, doch dafür sind ja leider andere Voraussetzungen erforderlich. Schwachpunkte? Die müßte man schon vorsätzlich hineinreden. GOT CHANGE . . . ist Mitch Ryders Meisterwerk. Und das seiner famosen Begleiter.