Sugar Minott – Black Roots
Mit erheblicher Verspätung erschien nun schließlich auch bei uns Sugar Minotts Album BLACK ROOTS. Die Platte macht, daß sei hier einmal vorangestellt, eine der symthomatischen Produktionsmechanismen jamaikanischer Musik deutlich. Denn sobald einem der vielversprechenden Talente erster kommerzieller Erfolg zuteil wird, ergießt sich eine regelrechte Flut von reissues und schnellproduzierten Aufgüssen über den unschuldigen Konsumenten. Da in Jamaika feste Verträge mit Plattenfirmen praktisch nicht existieren, ist es zumeist der recording engineer, dem die alleinige Kontrolle über den Künstler und seine Arbeit obliegt. Und im alltäglichen Konkurrenzkampf zählen die geschäftlichen Verbindungen mit den zahllosen Reggae-Labels in London und New York, die JA-Produkte, meist gegen lächerlich niedrige Abfindungssummen, in Kommission nehmen. So wird konsequenterweise ein rücksichtsloser Raubbau betrieben, der das künstlerische Potential junger Musiker zumeist schon frühzeitig aufzehrt. BLACK ROOTS, der mittlerweile fünfte Longplay des 23-jährigen Sängers/Songwriters Sugar Minott schein ein solcher
Schnellschuß zu sein. Denn die Platte erreicht qualitativ nie den Standart ihrer, ebenfalls im vergangenen Jahr erschienenen, Vorgänger BITTER SWEET und GHETTO-OLOGY. Dennoch gibt es auch hier einige wunderschöne Songs, wie z.B. die beiden schon vorab veröffentlichten Singles „hard Time Pressure“ und „River Jordan“, die wochenlang die Spitzenplätze der ethischen Charts blokkierten. Minott ist einer der wenigen Songwriter, die sich fast ausschließlich auf die eigenen Kompositionskünste besinnen und auch ohne fremdes Material und überstrapazierte Studio One-Rhythmen auskommen.
Obwohl ja gerade er lange Zeit ein Coxone-Protegee war — zwei faszinierende Alben dokumentieren die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Brentford Road Session-Crew. Vor allem seine rauhe, gebrochene Stimme ist es, die diesmal teils nur mäßigem Songmaterial dennoch ein Maximum an Intensität einhaucht.
„Sugar Minott The Ghetto Singer“ verheißt die Coverrückseite -— und auch das sollte im Rahmen dieser Plattenbesprechung noch kurz angerissen werden —- denn dieser Schriftzug ist der Schlüssel zu seiner Arbeit, die von seiner Erfahrung mit den deprimierenden Zustanden in Kingston 11, Trenchtown, Tivoli Gardens und Ghost Town, geprägt wird. In seiner unlängst gegründeten Organisation BLACK ROOTS bemüht er sich, neue Betätigungsfelder für arbeits- und orientierungslose Jugendliche zu erschließen. Dies ist auch das zentrale Thema der gleichnamigen LP, die -— trotz mancher Mängel —- Sugar Minott und seiner Institution auch außerhalb der Roots-Gemeinde ein wenig Beachtung einbringen sollte.
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