Peter Gabriel

Peter Gabriel

Mute (EMI)

Peters amerikanische Schallplattenfirma sprach angesichts seiner dritten Solo-LP von „künstlerischem Selbstmord“, und daraufhin trennte man sich. Was heißt künstlerischer Selbstmord? Wer PETER GABRIEL III als zu schwierig ablehnt, hätte PETER GABRIEL II schon gar nicht veröffentlichen dürfen. Zusammen mit Robert Fripp als Produzenten hatte Peter vor etwa zwei Jahren eine LP abgeliefert, deren selbstquälerische Tendenzen gerade nach den fast kommerziell arrangierten Melodien seines Solo-Debuts ins Gewicht fielen. Für mein Empfinden ist das neue Album schon wieder viel geschlossener und dynamischer. Stellenweise ergeben sich Ähnlichkeiten mit den lebhafteren Titeln der beiden Bowie-LPs LOW und HEROES. Das sind jedoch nur Streiflichter, die sich auf die eigenartig dumpfen Rhythmustracks einiger Songs bezichen.

Peter Gabriel verfolgt hier konsequent seine kompositorische Grundlinie. Das Spannungsfeld reicht von Balladen, die er sich schwerfällig von der Seele reißt, bis hin zu rockig treibenden Passagen. Über vielen Titeln liegt ein schwerer Gitanensound; der Synthesizer baut drohende Wände oder dient zu kurzen Soundexperimenten. Dazwischen sparsames Piano oder fernöstliche hämmernde Beigaben.

Wo er auf seiner zweite Solo-LP oft nur abstrakt sein Unbehagen artikuliert, bezieht Peter Gabriel diesmal in den Texten konkreter Stellung. Hat es den entscheidenen Leuten bei der amerikanischen Company vielleicht nicht gefallen, daß er von Totschlag auf dem Polizeirevier singt oder einen Mordanschlag aus der Sicht des psychisch zerstörten Attentäters ablaufen läßt? Sitzt der Schock mit den Kennedys noch zu tief? Auch sonst bestimmen Isolation und angrenzende Probleme unserer hochentwickelten Zivilisation wieder Peters Gedankengänge. Selbst im als Single ausgekoppelten „Games Without Frontiers“, dem mit Abstand eingängigsten Lied dieser LP, heißt es zum scheinbar fröhlichen Spiel ohne Grenzen: „If looks could kill, they probably will…“