Poco – Legend
„Pickin‘ up the Pieces“ – die Scherben wieder zusammensetzen – hieß frei übersetzt die erste LP von Poco. Das war vor über elf Jahren. Übriggeblieben von der Urbesetzung, die sich aus den Trümmern der Band Buffalo Springfield erhob, ist auf „Legend“ nur noch Rusty Young, der Komponist und Steelgitarrist. Erstaunlich ist da schon, daß Young, ganz auf sich angewiesen, noch einiges vom Feeling der ersten Poco-Scheiben auf „Legend“ hinübergerettet hat. „Crazy Love“ (als Single in den US-Charts erfolgreicher als alle bisherigen Poco-Platten) hat den ganzen Zauber früher Poco-Aufnahmen: filigranes Fingerpickin‘ der Gitarren, mehrstimmige, klar gegeneinander abgesetzte harmonies, leider aber einen recht schwachen Text. Auflösungserscheinungen? Möglicherweise. Auch andere Stücke zeigen bei handwerklicher Präzision inhaltliche Leere. So schleppt sich das Titelstück „Legend“ nur sehr mühselig über die Runden. Ähnlich „Little Darlin‘ “ oder „Love Comes Love Goes“: auch hier inzwischen überholte Anklänge aus den Flitterwochen von Country und Rock.
Saxophonstimme und pluggernde Funk-Töne bei einigen Tracks zeigen allerdings, daß Rusty den Anschluß an den gewandelten Musikgeschmack nicht verpassen will. „Boomerang“, fast schon ein Discostück, fällt daher wohltuend aus der Reihe. Ein weiterer Treffer: „Heart of the Night“, das vom fahlen „Dixie Moon“ über New Orleans handelt und atmosphärisch gelungen erscheint, erinnert an einige Passagen des letzten Poco-Longplayers „Indian Summer“.
Stimmlich ist Poco mit dem Weggang von Tim B. Schmitt (der bei den Eagles einstieg) nicht mehr ganz auf der Höhe im wahrsten Sinne des Wortes. Schmerzlich macht sich der Verlust von Tims metallischhellen upper vocals bemerkbar. Über die Neuzugänge, Steve Chapman (drums) und Charlie Harrison (bass), läßt sich kaum etwas sagen. Es scheint, als ob Rusty Young und Paul Cotton, der inzwischen schon drei Jahre bei Poco ist, sie als bloße Handwerker einsetzen. Einfluß auf den Gruppensound haben sie jedenfalls nicht. Der klingt in der auf „Legend“ dargebotenen Fassung ohnehin schon recht ausgelaugt. Aber vielleicht ist es mit diesen Countryrockern, wie mit uralten, ausgewaschenen, zerrissenen Jeans: man kann sie kaum mehr tragen, aber trennen möchte man sich auch nicht davon. . .
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