Eberhard Schoener – Video-Magic
Gerade ein halbes Jahr ist seit der Veröffentlichung von „Flashback“ vergangen, da legt Eberhard Schoener bereits ein neues Album vor. Skepsis ist bei derlei schnellem kreativem Auswurf immer angebracht, doch „Video-Magic“ straft die Skepsis Lügen. Alles, was ich in meiner damaligen Kritik über „Flashback“ (ME 7/78) sagte, bedarf keiner Revision, im Gegenteil – das neue Album ist eine so logische und organische Weiterentwicklung der experimentellen Elemente, die sich nun als funktionstüchtig und überzeugend erweisen.
Die Mitwirkenden sind, bis auf den neuen Schlagzeuger Evert Fraterman, dieselben geblieben, und wiederum ist es die Stimme von Sänger Sting, die den Flair der Platte ausmacht. Er ist der ideale Vokalist für Schoeners weiche, stimmungsvolle und elegische Elektronik, die noch nie so beschwörend und entspannt zugleich klang. Schon das dimensional ausladende „Octogron“ als Auftakt, in das unvermittelt ein Streichquartett hineinspaziert, gibt die neue Richtung von Schoener an, dessen Arrangements sich inzwischen in Richtung auf Colosseum und andere exzellente (und dahingeschiedene Klassik-Jazz-Rock-Formationen verdichten.
Traumhaft auf Seite eins das wohl intensivste Stück der ganzen LP, „Code-Word Elvis“; eine rührend-melancholische Ballade über Fanclubs und Fanträume. Hier hat Schoener an eine alte Rock’n’Roll-Tradition angeknüpft, die mal die Beatles, Procol Hamm oder die Moody Blues verfolgt haben und die allmählich verlorengegangen ist. Ohne große Sentimentalität, mit den technischen Mitteln der 70er Jahre, hat er diese Stimmung gezaubert, die die berühmte Gänsehaut hervorruft. Eine gesangliche Meisterleistung von Sting kommt noch dazu. Und wer bei diesen Streichern keine feuchten Augen bekommt. der hat ein Herz aus Stein oder Plastikohren.
Seite zwei ist ein musikalischer Dom der futuristischen Klänge, der technokratischen Magie, der Umweltfaszinationen, wobei Schoener jeder platten Elektronik-Spielerei aus dem Weg geht. Man kann ja inzwischen Elektronik für jeden Geschmack und Anspruch finden – das reicht von schwerverdaulicher Extrem-Avantgarde bis hin zur gagreichen Disco-Version von Star Wars; doch Schoeners Musik zwischen und auch über all dem erliegt nie dem Plakativen. Sie kommt, was sicher mit seiner langjährigen Beschäftigung mit asiatischer Musik und Magie zu tun hat, von innen. Sie atmet, pulsiert, reizt auf und beruhigt wieder – und vor allem, sie beschränkt sich nie auf das Naheliegende. Das Jazzsaxophon, von Olaf Kubier sehr atmosphärisch eingebracht, die Rockgitarre von Andy Summers, der zeitlose Gesang Stings, die sensible Schlagzeugarbeit von Evert Fraterman – im Verbund mit Schoeners Einsatz von Klassik und Elektronik gehen sie auf die Reise durch unsere heutige Kultur, ihre Widersprüche und Symbiosen, ihre Banalitäten und Genialitäten.
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