Mickey Jupp – Juppanese

Welches Rock’n Roll-Unikum da völlig in Vergessenheit geraten war, dokumentierte bereits der Sampler „Mickey Jupp’s Legend“, der vor einigen Monaten von Stiff mit altem Mickey Jupp-Material veröffentlicht worden war. Seinem Ruf als weißer Chuck Berry macht er nun auf der ersten – von Nick Löwe produzierten – LP-Seite so viel Ehre, daß der echte davon noch mehr Schweißperlen auf der Stirn bekommen müßte als bei seinem jüngsten jämmerlichen Gastspiel. Bei soviel Rhythm’n‘ Blues-Temperament sieht man förmlich die Rauchschwaden in einem völlig überfüllten Club vor sich aufsteigen, das Bierglas auf Mickey’s Klavier tanzen und die Menge wogen. Mickey Jupp präsentiert sich hier als d e r Rock’n‘ Roll-Entertainer überhaupt; with a little help from Nick Löwe (b), Dave Edmunds (g), Terry Williams (dr) und Billy Bremner (g) übrigens. Er selbst steuert noch einige astreine pickings auf der akustischen Gitarre bei. Ohne Fisematenten beschränkt er sich hier auf die urwüchsige Ausstrahlung der roots und liegt damit goldrichtig.

Etwas enttäuschend finde ich darum den Start in Seite zwei, die von Gary Brooker produziert wurde. Man hört’s raus! Ob Mickey seinem Mitstreiter aus alten Tagen hier einen Gefallen tun wollte, indem er „Pilot“ im reinsten Procol Harum-Gewand vorträgt, weiß ich nicht. Auf jeden Fall dominiert Brooker’s Piano, und Jupp’s brüchiger Gesang wird sogleich um vieles theatralischer. Seite zwei wird also beherrscht von der Ballade; von rockig bis sentimental. Zum Ausruhen nach diesem heißblütigen R&B-Marathon sehr schön; ebenso, um Mickey’s Vielseitigkeit noch einmal zu unterstreichen. Aber wenn er mit „Brother Doctor, Sister Nurse“ zum Abschluß noch einmal so richtig vom Leder zieht, gehen doch die Lichter wieder an! Nicht zuletzt, weil Chris Spedding hier nach bewahrter Art seiner Gitarre die Sporen gibt. Der Rest der Crew: Bruce Lynch (b), Dave Mattacks (dr) und Gary Brooker – wie gesagt – an den Tasten.