Penetration – Moving Targets

„Frightened to speak, yeah/

Freedom of speech means

nothing to most And trouble

if you speak it, punished for

speaking/ Praised for the

silence, pent up emotions/

Modern day violence.“

„Silent Community“, Penetration

Nicht sagen, was ich denke, Nicht denken, was ich sage. Penetration: durchdringen/einfühlen. Moving Targets: Bewegliche Ziele. Die Zeit durchdringen. Verstehen, was geschieht. Mit entsprechenden Mitteln/ adäquaten Formen darauf reagieren. Ausdrücken. Zusammenhänge erkennen. Ziele suchen/ anstreben. Bewegliche Ziele. Und stets in Bewegung bleiben.

1978. Nach und nach kommen sie ans Tageslicht, die Gruppen der ersten Stunde der Punk-Invasion. In England. Sie legen uns ihre Debüt-Alben vor… Sie/Wir/die Zeiten haben sie verändert. Man ist ruhiger geworden; vorbei sind die Attacke/der Biß der ersten Penetration-Single „Don’t Dictate“ (1977). Vorbei sind die stürmischen Monate, als die (musikalische) Reaktion spontan/aggressiv war. Die rohe/ rauhe Macht/Energie, die da die (Rock-Musik)-Welt erschütterte – sie hat zu einer Verfeinerung/eigenen Weltanschauung/Hochentwicklung geführt. Geblieben sind die konsequente Hingabe/die Energie.

Seit einiger Zeit bestimmen zwei dieser Gruppen die Töne und Bilder, die aus den Lautsprechern in meinen Kopf dringen: Siouxsie & The Banshees und Penetration. Penetration spielen frischen/belebenden und erfindungsreichen Rock. Rock’n’Roll mit einer harten metallischen Note. Seite 1 von „Moving Targets“ fängt die Energie ein, Seite 2 taucht in die langsameren/gefühlsbetonten Gebiete. Brennpunkte des Penetration-Sounds sind die scharfe Stimme von Pauline Murray (die für alle Texte und fast alle Melodien verantwortlich ist) und die schwere/melodische Gitarre von Fred Purser. Gary Chaplin, der die schnellen Stücke miterarbeitet hat und Gitarrist der Urbesetzung war, ist durch Neale Floyd ersetzt worden.

Eine Trilogie eröffnet das Album: „Future Daze“, „Life’s A Gamble“ (ein Wunsch nach gesellschaftlichen Veränderungen) und „Lovers of Outrage“ (ein erbitterter Aufschrei nach Toleranz gegenüber Anders-Denkenden/Lebenden, der in Paulines prachtvollem Gesang gipfelt: „Let them go, set them free, let them be what they want to be.‘ 1 ). „Silent Community“ reflektiert das Leben in der Kleinstadt, dort, wo nichts passiert und Langeweile regiert.

„Movement“ startet mit einem sprudelnden Bass-part, der sich schwungvoll durchs ganze Stück zieht (Robert Blamire, der Bass-Spieler, beschreibt seine Jugend). „Too Many Friends“ dokumentiert die Vielfältigkeit dieser Gruppe, zeigt ihr musikalisches Potential; eine schrille Purser-Gitarre. ein jazziger Bass-Lauf, eine abgehackte Stimme, die streckenweise ins Geister-/Traumhafte übergeht. „Reunion“ erzähit von alten Freunden, die du nach langer Zeit wiedertriffst, mit denen du aber nicht mehr kommunizieren kannst, weil sie anders geworden sind. Ein langsames/brillantes Stück mit Piano im Hintergrund; Pauline kann beweisen, was sie kann – ihr Gesang ist kühl/ frostig und munter/lebhaft zugleich, sie verliert niemals die Kontrolle über die Emotionen, die sie freiläßt.

„Nostalgia“, mit dem dubiosen Refrain „nostalgia for an age yet to come“ (Endzeitnostalgie?), wurde von Pete Shelley von den Buzzcocks geschrieben; Penetration haben einen der ausdrucksvollsten Songs der LP draus gemacht: eindringlich und spannend, angetrieben durch ein bestechendes Propeller-Schlagzeug. „Free Money“, das Schmidt-Gebet, beschließt ein attraktives/starkes und intelligentes Rock-Werk. Ein Wunsch bleibt zum Schluß: daß die Band in Zukunft mit den musikalischen Formen experimentiert, um nicht in den Konventionen der Rock-Musik hängen zu bleiben. Siouxsie and The Banshees können da einen Wink geben…