Leo Kottke – Burnt Ups
Wäre „Burnt Lips“ nicht durch einen Cover-Aufdruck als 1978er Produktion Leo Kottkes ausgewiesen, hätte ich glatt auf ein wesentlich früheres Aufnahmedatum getippt. Die LP erinnert stark an „Mudlark“ oder „My Feet Are Smiling“, und von dem studiotechnisch (u.a. sogar mit einem Geigenarrangement) aufpolierten Kottke-Sound des ersten Chrysalis-Albums von 1977 ist nichts hängengeblieben.
„Burnt Lips“ unterteilt sich zudem in eine Vokal- und eine Instrumentalseite. So findet sich auf der überwiegend country-orientierten Vokal-Seite nur ein wunderschönes rein akustisches Gitarrenpiece, das, wenngleich von Leo komponiert, großzügige Entlehnungen lateinamerikanisch / spanischer Klassik des 19. Jahrhunderts verrät. Für Abwechslung ist also gesorgt. Hintergründig ironisch wie einst bei „Louise“ zeigt sich Leo wieder bei dem längsten Vokalstück der Platte, „Sonora’s Death Row“, das von „dead cowboys“ und „guitars, trumpets and sweet senoritas“ handelt. Daß Leo sein brüchig-nasales Country-Organ bei insgesamt acht Songs erklingen läßt, ist übrigens die eigentliche Überraschung bei „Burnt Lips“. (Das Rauchen hat er seiner Stimme zuliebe schon vor über einem Jahr aufgegeben.) Seite zwei mutet mit insgesamt sieben recht kurzen Titeln an wie eine akustische Anthologie durch Leos reichhaltiges Repertoire an verschiedenen Spieltechniken: wieselflinkes Fingerpickin‘ bei „A Low Thud“ und „Orange Room“, feines Flaschlett-Filigran und Flamenco-Anklänge bei „The Credits; Out-takes From Terry’s Movie“, schwerblütig-melancholisches Folk-Flavour beim Titeltrack „Burnt Lips“ und dem unverständlicherweise mitten im Text ausgeblendeten „Sand Streets“. „Burnt Lips“ wirkt insgesamt nicht ganz ausgereift, zeigt dafür aber Leo Kottke unverfälscht; gewissermaßen in Reinform also.
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