Udo Lindenberg & das Panikorchester – Lindenberg’s Rock Revue 1955 – 1978
Während seiner Tournee hatte Udo bereits einen Vorgeschmack auf diese LP gegeben: Rock’n’Roll-Klassiker mit deutschen Texten, die er zusammen mit Horst Königstein verfaßte. Horst Königstein gehörte zu den Mitgestaltern der hervorragenden TV-Serie „Sympathy For The Devil“ und brachte es nun offenbar fertig, Udo weitgehend vor üblen Slang-Ausrutschern zu bewahren.
Udo knöpfte sich neun Klassiker vor: „Tutti Frutti“, „We’ve Got To Get Out Of This Place“ (Verdammt, wir müssen ‚raus aus dem Dreck), „Salty Dog“, „Sittin‘ On The Dock Of The Bay“ (Ich sitz‘ den ganzen Tag bei den Docks), „Penny Laine“ (Reeperbahn), „Sweet Little Sixteen“ (Süße kleine Sechzehn), „Leader Of The Gang“ (Der Boß von der Gang), „Sympathy For The Devil“ (Sympathie für den Teufel), sowie „Still Crazy After All These Years“ (Immer noch verrückt nach all den Jahren). Musikalisch wurden sie zwar alle mit dem bewährten Panik-Touch modernisiert, behielten jedoch durchweg ihren ursprünglichen Charakter. Also ist Udos Rock-Revue auf keinen Fall mit Leichenfleddereien a la Santa Esmeralda, Beatles Revival Band & Co zu verwechseln!
Die Texte orientieren sich bis auf wenige Ausnahmen am Original. Für „Reeperbahn“ ließ sich Lindenberg einen wehmütigen Vergleich zwischen dem ehemaligen Rock-Mekka und der heutigen Vergnügungsmeile einfallen. Den „Boß von der Gang“ bringt er zusammen mit Ingeborg Thompson nahezu im Shangi-Las-I-ormat, und ebenso eindrucksvoll gelangen ihm die Übertragungen von „Salty Dog“ und „Sympathy For The Devil“. Allerdings spielt ihm bei dieser Oldies-Revue manchmal seine Stimme einen empfindlichen Streich, denn die ist bekanntlich nicht so dehnbar wie die deutsche Sprache.
Betagtere Rock-Fans werden sich möglicherweise in ihren puristischen Elfenbeinturm verziehen, aber für die hat Udo diese LP auch gar nicht gemacht. Wenn sich jemand trotzdem von der Atmosphäre anmachen läßt, umso besser. Denn was Udo hier hervorragend fertigbringt, ist Nachhilfe-Unterricht in Sachen Rock’n’Roll für die heutige Teeny-Generation. Lindenberg hilft ihr, die Musik ihrer Eltern oder ihrer älteren Geschwister zu verstehen. Und was noch wichtiger ist: er zeigt ihnen, daß Rockmusik schon gesellschaftlich und politisch relevant war, ehe man sich Sicherheitsnadeln ins Ohrläppchen bohrte.
PS: Der LP liegt übrigens ein attraktives und sehr informatives Vierfarb-Booklet bei.