Runaways – Waitin‘ For The The Night
Mit 08/15-Rock machte ich normalerweise nicht viel Federlesens. Aber die Runaways sind halt die große weibliche Ausnahme in der Männerwelt des Rock ’n’Roll, genießen deshalb Minoritätenschutz und zehren von einem allenthalben wohlwollend zugedrückten Auge. Halten wir es versuchsweise auch so, wenn wir einen Blick auf die beiden jüngsten Langrillen der L.A.-Lolitas werfen. Da ist zunächst die dritte Studio-LP, eingespielt in geschrumpfter Besetzung: Chef-Ausreißerin Cherie Currie ist ja vor geraumer Zeit mit Jackie Fox durchgebrannt, Vicki Blue als Ersatz eingestellt worden. Cheries Gesangsparts hat jetzt Ian Dur Gitarristin Joan Jett übernommen, was nicht unbedingt auf der Gewinnseite des Personalwechsels zu verbuchen ist. Mäßige Kehlkopfkapazität macht sie allerdings durch emsiges Komponieren halbwegs wett: die Masse des Materials von „Waitin‘ For The Night“ stammt aus ihrer Feder. Der große Wurf ist nicht darunter, allerdings auch keine komplette Niete. Diese Runaways fügen sich immer noch nahtlos ein in die lärmende Belangslosigkeit des internationalen Hard-Rock-Kartells. Von einigem Pep sind höchstens die Texte, in denen unser Ausreißerchen schmachtend hinter scharfen Typen herpfeift: „My fantasy is strong, it really turns me on/ I’m gettin‘ oh so wet/ When will I discover me red hot lover/ The one I’ll never forget“.
Damit auch sie von ihren Fans nicht vergessen werde, hat sich die entschwundene Miss Currie samt alter Runaways-Riege im Nachhinein ebenfalls nochmal in Vinyl verewigen lassen. „Live In Japan“ ist der Titel des im vergangenen Juni aufgenommenen Albums, das zwölf Standards der „Queens Of Noise“ enthält, inklusive „Wild Thing“ und Reeds „Rock’n’Roll“. Alles routiniert gespielt, passabel aufgenommen und unterlegt mit dem spitzen Gekreisch fernöstlicher Teenager (für diese Altersgruppe ist vermutlich auch die reichlich beknackte Fan-Bilderbuch-Beilage des Live-Albums bestimmt). Dreimal nacheinander kann man sich diese Platte allerdings auch mit dem größten männlichen Wohlwollen kaum anhören. Die Erkenntnis ist wohl unumstößlich: das Beste an den Runaways waren Cheries Strapse.