David Bowie

Heroes

EMI

Die erste Seite gehört in der Hauptsache den kommerziellen Titeln, die zweite den elektronischen Klangmalereien.

Spontan angestachelt durch Reizworte wie „Helden“, „Siegen“ oder „Kämpfen“ vermutet man leicht, dass Bowie sich durch Berlins „heldenhafte“ Vergangenheit zu dem Titelsong seiner neuen LP inspirieren ließ. Tatsächlich wäre das aber eine übersteigerte Interpretation dieses abstrakten Liedes, in dem es um die impressionistische Schilderung einer Zweierbeziehung geht. HEROES (Helden) – für die LP teils deutsch, teils englisch gesungen – klingt in der deutschen Übersetzung ziemlich banal, speziell, wenn der Refrain-Chor einsetzt, sieht man David schon in der ZDF-Hitparade radebrechen. Betrachten wir diese durch Lou Reed inspirierte Ballade lieber als originelle Einlage.

Verglichen mit dem LP-Vorgänger LOW ist HEROES im Prinzip ähnlich konzipiert: Die erste Seite gehört in der Hauptsache den kommerziellen Titeln, die zweite den elektronischen Klangmalereien. Auf der kommerziellen Seite geht es diesmal jedoch komplizierter zu als bei LOW Spontane Ohrwürmer wie „Sound And Vision“ oder „Be My Wife“ fehlen, dafür ist der musikalische Background zu eng verstrickt und durch elektronische Überarbeitung verschlüsselt. „The Secret Life Of Arabia“ oder „The Beauty And The Beast“ bleiben durch extravagante Vokalsätze (Bowie mit Produzent Toni Visconti und Messengers-Sängerin Antoma Maass) eventuell eher hängen, als zum Beispiel „Blackout“ ein Disco-Titel für Anspruchsvolle. „Sons Of The Silent Age“ ist das einzige Stück, bei dem der altvertraute Bowie noch einmal ohne Verfremdungseffekte durchschimmert. Hin und wieder muss auch über den Studio-Spielereien der Geist des Sergant Pepper geschwebt haben Die B-Seite bringt Eno an den Synthesizern. „V-2 Schneider“ ein von Kraftwerk beeinflusstes Stück, erhält seine Originalität durch Bowies nostalgische Saxophon-Einspielungen. Dafür fließen „Sense Ot Doubt“, „Moss Garden“ und „Neuköln“ als illustrative, fast sprechende Traumbilder ineinander.

Idyllische, bedrohliche und schwermütige Klänge holt Eno aus den Geräten heraus und stellt sie geradezu plastisch in den Raum. Auch wer normalerweise mit elektronischen Spielereien nichts anfangen kann (wie ich zum Beispiel) wird sich hier der Suggestion kaum entziehen können.