Bob Dylan

Desire

Col (Sony)

Da ich den schwarzen Peter bekommen habe, die neue Dylan-LP zu besprechen, hier gleich mein Standpunkt: Ich habe Bobby nie als den großen Guru gesehen, dessen Texte – wann, wo und gegen wen auch immer gesungen – man bis aufs Komma auf die Goldwaage legen sollte. Mich hat einen Dreck interessiert, ob der Dieb in „All Along The Watchtower“ das Wort „kindly“ benutzt hat oder nicht. Dafür hat mich Dylan stets musikalisch angesprochen (Entschuldigung, liebe Textanalytiker), allerdings nur, bis er „Can’t Help Falling In Love“ sang – da war bei mir der Bart ab. Immerhin habe ich mich durch die nachträglich erschienenen „Basement Tapes“ und „Blood On The Tracks“ wieder mit Bobby angefreundet, weil da einige starke Nummern drauf waren. An dieser Stelle frage ich mich nun, wieso eine Plattenfirma solch einen Himberbubi wie Bruce Springsteen hochlobt, wo sie doch Dylan unter Vertrag hat. „Desire“ ist, finde ich, nämlich eine komplexe, griffige LP, die Bobby’s Vorzüge öfters durchscheinen läßt. Dieser gewohnt knurrige Gesang, die Gitarre, dazu herziges Country-Gefidel eines gewissen Scarlet Rivera und famose Hintergrund-Gesänge, sogar Mandoline und Bouzouki sind zu hören. Ja, und dann… ahem, die Texte – die sind, sofern durchschaubar, auch Klasse. Am überzeugendsten scheint mir dabei die Story des Boxers Rubin „Hurricane“ Carter gelungen zu sein. Mehr weiß ich zu „Desire“ nicht zu schreiben, außer daß mir die LP zur unrechten Zeit auch ganz schwer auf den Wecker gehen kann.