Nucleus – Snakehips Etcetera

Das ist Rockjazz in Reinkultur: über betont starkem Rhythmus (wenn’s auch nicht immer Vierviertel-Hämmer sind) wechseln sich kollektive Bläserriffs und kompakte Soli miteinander ab, hin und wieder ein wenig modale Improvisation und jede Menge eingängiger, doch nie simpler Melodien. Und Meditation oder Mantra oder Guru Sri Chinmo(ne)y gibt’s bei Nucleus sowieso nicht. Nucleus‘ vorletzte LP „Under The Sun“ war keine Erleuchtung, mit „Snakehips Etcetera“ aber scheint sich die Band gefangen zu haben: durchgehendes Konzept, Gewaltenteilung bei der Komposition und fortschreitende Togetherriess, wobei vor allem Gitarrist Ken Shaw, Tastenfühler Geoff Castle und Bassist Roger Sutton (vormals bei Mark-Almond) hervortreten. Speziell Seite 1 zeigt die komplexe Verbindung von rhythmischen Akzenten und handfesten Bläsersätzen, besonders in „Rat’s Bag“ und „Alive And Kicking“. Seite 2 bringt das überlange Titelstück „Snakehips Etcetera“ sowie „Pussycat“, wo eine interessante Grundstruktur vergeudet wurde: „Pussycat“ hätte Raum für längere Improvisationen geboten. Höhepunkt der LP ist „Heyday“, das mit griffigem Intro von Ken Shaw beginnt, sich in den vollen Gruppensound steigert und jedem Musiker nochmals Gelegenheit gibt, seine Visitenkarte abzugeben. Resümee: Alte Nucleus-Platten wie „Solar Plexus“ oder „Belladonna“ waren besser, trotzdem lohnt „Snakehips“ für jeden Rockjazz-Fan, und es sollte nicht wundern, wenn Nucleus bei weiterer Steigerung uns demnächst ein paar echte Klopfer auf den Plattenteller setzt.