High Tide – Liberty LBS 832 94
Eine Gruppe von 4 Personen, die alle zusammen ein weitgefächertes Instrumentarium beherrschen, erregen Aufsehen durch ihre mittlerweile 2. LP. Ich spreche von HIGH TIDE und von Tony Hill, Leader und Komponist sämtlicher Stücke. Es sind samt und sonders Superstories von 8-9 und gar 15 Minuten. Diese Superlänge gibt Tony Hill, Simon House, Peter Pavli und Rog Hadden die Möglichkeit, eine kompakte Musikalität auszustrahlen, die einen gefangen nimmt. Es ist nicht nur die Violine von Simon House, die sämtliche Stücke mit Energie auflädt, sondern auch die Leadgitarre, die durch Verfremdungseffekte dazu beiträgt, dass die Spannung niemals nachlässt. Durch einen festgefügten Rhythmusteppich im 1. Stück „Blankmanns Cries Again“ bietet die Gruppe den Solisten Tony Hill und Simon House eine solide Grundlage an. Es ist eine Art Country- und Westem-Stil, herbeigeführt durch die Violine, der aber durch ein geschicktes Ergänzen von der Gitarre sofort wieder verdrängt wird. Wenn Simon seine Violine streicht, die Saiten zupft und fidelnd sämtliche Möglichkeiten ausprobiert, schlägt einem das Herz vor Begeisterung höher. Er zeigt neue Möglichkeiten auf, die von den anderen begeistert aufgenommen werden. Durch das Bizarre seines Instrumentes wird er zur Gallionsfigur, die alle Titel führt und leitet. Mit einem klassischen Intro fängt der nächste Titel „The Joke“ an, eingeleitet durch eine schnellgegriffene Gitarrenpartitur, die barocke Figuren modelliert, die sich dann aber verlieren. So etwas ist für eine Violine besser geeignet, und so übernimmt Simon dann auch wieder die Führung. Er gestaltet die erste Hälfte so, dass die anderen keine Schwierigkeiten haben, sich nahtlos einzugliedern. Es ist und bleibt in der Grundtendenz klassisch, erinnert aber niemals an Opas Konzertsaal. Rog Hadden am Schlagzeug ist in „The Joke“ abwechslungsreich und fantasievoll. Durch sein Spiel, das von rasch aufeinander folgenden Breaks begleitet wird, fühlt sich jeder zu Improvisationen angeregt. Auf dieser Basis ist auch die 2. Seite mit dem Titel „Saneonymous“ aufgebaut. Hier kann jeder seine musikalischen Ideen verwirklichen, ohne das die 15 Minuten konzeptlos wirken. Man spielt freier und beachtet nur einen weitgesteckten Rahmen, der trotzdem keine Grenze oder Endpunkte darstellen soll. Wenn es erforderlich ist, überschreitet man ihn und betritt dann Neuland. Man kann das deutlich im 2. Teil feststellen, wenn es etwas schleppend geht, als hätte man sich verausgabt. Das sind aber auch die einzigen schwachen Punkte auf dieser LP, die eine echte Bereicherung für jeden Musikliebhaber darstellt.
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