Die Antwoord on fire: Freeky Friday in Berlin mit „ugly boy“ und „rich bitch“
Welcome to the Zefside: Das südafrikanische Duo Die Antwoord bespaßte die ausverkaufte C-Halle in Berlin am 23. Januar 2015 nach allen nur erdenklichen Regeln der Kunst.
Bevor man das erste Die-Antwoord-Konzert seines Lebens besucht, stellen sich im Vorfeld unzählige Fragen. Zum Beispiel: Kann ich mich so seltsam kleiden wie die Protagonisten auf der Bühne? Sollte ich Moshpits oder nur exzessives Tanzen erwarten? Und vor allen Dingen: Werde ich diesen Abend unbeschadet überstehen?
Um Antworten auf Fragen wie diese zu finden, braucht es zuerst enorm viel Geduld. Während in der Berliner C-Halle ein DJ bereits einem noch nicht vollständigen Publikum einheizt, scheinen sich die meisten Konzertbesucher wartend und genervt vor der Halle zu drängeln. Endlich drin – eine Stunde nach dem offiziellen Einlass -, begegnen einem Blümchen-Hemden, lilablassblaue Haare und der süßliche Geruch von Marihuana. Das hatte man sich im Vorfeld krasser und extremer vorgestellt, aber hier scheint sich der geneigte Techno-Lover, der durchschnittliche Indie-Fan, aber auch der euphorische Vertreter von Metal-Musik eingefunden zu haben, um das sogenannte „Rap-Rave-Duo“ aus Südafrika zu erleben und zu bewundern. Die Stimmung scheint bereits vor dem Auftritt von Ninja und ¥o-Landi Vi$$er bestens zu sein, da tut ein 15-minütiges dramatisch-pathetisches Intro sein Übriges.
Als schließlich der schwarze Vorhang fällt und den Blick auf die Bühne frei gibt, kocht die Menge förmlich – die beiden Musiker lassen sich dennoch erst nach weiteren fünf theatralischen Minuten blicken. Dann gibt es aber: kein Halten mehr. Nicht bei diesem Tier von Mann, der da halbnackt und leicht aggressiv über die Bühne rennt, nicht bei der gefühlt einen Meter großen ¥o-Landi und erst recht nicht beim Publikum, das jede Minute demonstriert wie übel viel Bock es auf diese Show hat.
Die Antwoord live in Berlin: vulgär, twerkend und anstößig
Die Antwoord wissen den dramaturgischen Bogen ihrer Songs perfekt zu spannen. Während sie gemächlich mit dem umstrittenen „Fok Julle Naaiers“ einsteigen und sich mit „Fatty Boom Boom“ steigern, schmeißen sie im zweiten Teil der Performance förmlich mit ‚Hits‘, wenn man das bei dieser Band so sagen darf, um sich: „Ugly Boy“, „Rich Bitch“, „Pitbull Terrier“ und schließlich das beliebte „Baby’s on fire“, das pogend und feuchtfröhlich in das allseits geliebte „I Fink U Freeky“ übergeht. Ja, hier werden Klischees bestätigt. Der Schweiß tropft von der Decke und einer Bierdusche entgehen die wenigsten. Neben DJ Hi-Tek am Mischpult werden Ninja und seine Angetraute von weiblichen Tänzerinnen begleitet, die mal halbnackt und twerkend, mal in einer Art Ganzkörperkondomen ihr Bestes geben. Die vorherrschende Ansicht, dass häufige Kostümwechsel während einer Show nur zu Helene Fischer oder zu Lady Gaga, Madonna und Konsorten gehören, muss spätestens jetzt revidiert werden.
Während sich am Bühnenrand langsam eine riesige Figur namens „evil boy“ mitsamt Gemächt aufrichtet (übrigens auch auf Ninjas rechtem Oberarm als Tattoo zu bewundern), stellt man sich die altbekannte Frage, wie das Ehepaar Ninja und ¥o-Landi wohl ihren privaten Alltag verbringen. Wo hört diese perfektionierte Selbstinszenierung auf, wo beginnt das „normale“ Leben? Was sagt die Tochter eigentlich zu Mama und Papas Beruf? Fragen, auf die es als Die-Antwoord-Fan wahrscheinlich keine Antworten geben wird.
Die Antwoord fordern ihre Fans auf: „Jump, motherfucker, jump“
Die Zugabe an diesem verrückten Krawall-Abend findet in Form eines einzigen Songs statt – „Enter The Ninja“. Das „I, I ,I, I am your butterfly/ I need your protection / Be my samurai“ kriegt man bis tief in diese Freitagnacht nicht mehr aus dem Kopf. Außerdem erfreut sich der Händler, der außerhalb der Halle nicht-lizensierte Poster von Die Antwoord verkauft, dieses Mal extrem großer Beliebtheit und an einem wahrscheinlich beachtlichem Umsatz.
Die Erkenntnis dieses Konzerts ist, dass es nur eine goldene Regel für ein Die-Antwoord-Konzert gibt, die es zu befolgen gilt. Da der Typ vor dir immer mindestens zwei Meter groß sein wird und das Mädchen neben dir so laut und hochfrequent quiekt, als stünde Justin Bieber auf der Bühne, sollte man seine Hände in die Luft werfen und keine Sekunde daran denken mit dem Tanzen aufzuhören. Sonst werden euch ¥o-Landi und Ninja persönlich auffordern: „Jump, motherfucker, jump.“
Seht hier außerdem Fotos des Konzerts von Die Antwoord am 26. Januar 2015 in Offenbach: