Brandon Flowers in der Relentless Garage, London


Ganz human und weniger Dancer: der "Killers"-Sänger auf Solopfaden. me.porterin Anna-Franziska Milanollo berichtet.

Ein grosses Tam Tam. Kennen wir ja von Brandon Flowers. Fuer seinen ersten Promo-Auftritt in Europa gab es die Tickets ausschliesslich ueber den britischen Medienriesen HMV zu gewinnen, Vorbestellung vom Solo-Album „Flamingo“ war Voraussetzung. Ein paar wenige Fans konnten zusàtzlich ueber den Killers-Fanclub The Victims Karten ergattern. Dementsprechend gross waren natürlich die Erwartungen an Herrn Flowers. Nachdem die Bewertungen von „Flamingo“ generell ja nicht so rosig ausgefallen sind, war man gespannt, ob nun die Live-Versionen der Songs die Stimmung heben konnten. Und in der Tat, das taten sie.Der Vegas-Homeboy betritt die Buehne in der Relentless Garage in Islington kurz nach 20 Uhr. Ist man von ihm einen pompösen Auftritt á la The Killers gewohnt, war man ueberrascht. Er kommt einfach so auf die Bühne, startet ohne Posen, sülziges Gerede über die Mojave- Wüste oder Intro-Musik den ersten Song „On the floor“. Begleitet von sanften Gitarrenklängen, stellt sich bald heraus, dass Flowers‘ auch ganz Human und weniger Dancer sein kann.

Das Setting ist intim, nur etwa 500 Augenpaare sind auf ihn gerichtet.Es geht nach einer kurzen Begrüssung gleich weiter mit der ersten Single „Crossfire“. Man vergisst die Ninjas und Charlize Theron, man stellt fest dass Brandons Stimme viel Power hat, die seine Band und Background-Sängerinnen noch zusätzlich unterstützen. Obwohl sein Album gerade mal drei Tage auf dem Markt ist, singt die Menge jedes Wort mit und Flowers ist sichtlich zufrieden mit sich selbst. Dass er kein grosser Redner ist, beweist seine kurze Einleitung zu dem Song „Magdalena“. Eine Pilgerreise in Mexiko, Religion, Aufopferung, Tränen der Freude, Essen und Trinken am Strassenrand und dann endlich, die ersten Akkorde. Es ist ein Gute-Laune Song. Das erkennt man auch an Brandons allzu bekannten theatralischen Bewegungen. Trotzdem, es lenkt nicht ab. Als Nächstes folgt eine überraschend gute Cover-Version von „Bette Davis Eyes“; auch bei Texten, die nicht aus eigener Feder stammen, kommt das Gefühl auf, Flowers hätte seine Finger im Spiel gehabt. Die Mädels in der ersten Reihe, sogar der aufblasbare Flamingo, der inmitten der Fan Gemeinschaft tanzt, sind begeistert.Nach der Erkenntnis, dass dieses erste Solo-Album eher mild gestimmt ist, schlägt Brandon jedoch andere Töne an.

Der rockige Song „Jilted Lovers and broken Hearts“ erinnert an die epischen Killers-Knaller „When you were young“ mit Synthklängen á la „Human“. Das Herzblut kommt ihm fast beim Mund heraus, während Brandon sich ans Mikro klammert. Anders dann beim nächsten Song „Was it something I said“. Junge, Junge, dieser Falsett. Da könnte man meinen, der gute Herr hätte sich vielleicht einer Operation unterzogen um zu diesen schrillen Toenen zu kommen. Aber er schafft den Wechsel zwischen den verschiedenen Tonlagen gekonnt. Ein knalliger Song, jedoch lässt die Melodie etwas zu wuenschen übrig.Der nächste Song, „Hard Enough“, auf dem Album ein Duett mit Jenny Lewis, bekommt dank der Background-Sängerinnen Rachel Kaiser und Lindi Ortega den letzten Schliff, bevor Brandon sich einer träumerischen Verson von Presleys „Are you lonesome tonight“ hingibt. Grosser Jubel und Bestätigung für Brandon, „You know how to make a boy feel good“. Auch wenn der Killers-Sänger vor einigen Monaten noch meinte: „Nie einen Killers-Song solo zu performen“ – dieses Versprechen hält er nicht. Zwar ist es für die ersten 30 Sekunden unklar, um welchen Killers-Song es sich handelt, verfeinert mit Brandons Note stellt sich dann aber doch heraus, dass es „Losing Touch“ vom Stuart-Price- Album „Day & Age“ ist. Diese Version ist rockiger, weniger Glitz und mehr Dirt. „Only the Young“, ein etwas melancholisches Lied, folgt. Hier kommt der Synth, trotzdem ist es ungewohnt und auch ein wenig enttäuschend Brandon nicht selbst am Keyboard stehen zu sehen. Er wirkt ein wenig nackt ohne das leuchtende „K“ vor ihm. Den naechsten Song stellt er als „kontrovers“ vor. Das gute Stück heisst „Swallow It“ und ist zwei- schon fast dreideutig. Natürlich trägt auch sein lausbübisches Grinsen dazu bei, dass die weiblichen Fans wieder einmal tief durchatmen müssen. Vielleicht sogar Mark Ronson, der den Gig vom Mischpult aus verfolgt. „Playing with Fire“ ist ein typischer „langsam beginnender, zum grossen Drama mutierender“ Krachersong, zusätzlich steigt Nebel auf und hüllt die Menge ein.

Dann war es das auch schon. Brandon verabschiedet sich mit Luftküssen und Verbeugungen um dann, nach langem Applaus und Geschrei nur mit Gitarrist Jake Blanton auf die Bühne zurückzukehren. Die Gitarre wird bereit gezupft und es wird klar, er kann es nicht lassen, eine Akustikversion von „When you were young“ erklingt. Ja, als du noch jung warst, Brandon, da hättest du nicht den Mumm gehabt. Aber wer so ein grosses Tam Tam um einen Gig macht, muss auch grosses Tam Tam liefern.