ALMUT KLOTZ


Hinterher hätte man es wissen können. Wissen müssen. Gleich zu Beginn ihres neuen, ihres letzten Albums spaziert Almut Klotz „den Abgrund entlang“ und stellt dann fest: „Doch jetzt kann ich leider nicht mehr weiter gehen.“ Sie singt Lieder, die „Geh in das Licht“ heißen, sie will „tanzen, tanzen, tanzen in eine weite weiße Welt“, sie singt von der „Beschissenheit der Dinge“ und immer wieder vom Leben, das ohne Liebe nicht zu ertragen und ohne Tod nicht zu haben ist. LASS DIE LADY REIN, so hat Klotz das Album genannt, das sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem Reverend Christian Dabeler, aufgenommen hat. Jetzt ist die Lady dort angekommen, wo sie rein wollte, wo immer das auch sein mag. In der Nacht vom 15. auf den 16. August ist Almut Klotz an Krebs gestorben.

In den 50 Jahren, die ihr das Leben zugestand, hat Klotz mit den Lassie Singers und Parole Trixi mindestens zwei wichtige Bands und mit Flittchen Records ein Label gegründet, sie hat den Westberliner Untergrund ebenso geprägt wie anschließend den Gesamtberliner, sie hatte immer eine gute Idee wie den Popchor Berlin oder die Flittchen-Bar, sie hat in Zeitungen kolumniert und zusammen mit Dabeler einen Roman geschrieben, sie hat einige der schönsten und hellsichtigsten Popsongs in deutscher Sprache verfasst und mit ihrer bis zuletzt mädchenhaft hellen, trotzdem immer leicht melancholischen Stimme feministische Gassenhauer gesungen.

Schon vor Monaten entstanden Gerüchte, Klotz wäre gestorben, doch die Totgesagte heiratete noch ihre große Liebe Dabeler. Zuletzt aber war – bei den wenigen Auftritten oder wenn man sie auf der Straße traf – nicht mehr zu übersehen, dass Almut Klotz krank war. Reden wollte sie darüber nicht. Wenige Tage vor ihrem Tod erst wurde beschlossen, die geplante Tour abzusagen. Aber sie hatte noch gehofft, wenigstens das Erscheinen ihres neuen, ihres letzten Albums erleben zu dürfen. Es war ihr nicht vergönnt. Almut Klotz wird fehlen.