„Ich verdiene Geld während ich schlafe“: Gildas Loaëc von Kitsuné im Interview


Kitsuné ist Plattenfirma und Mode-Label zugleich. Unser Autor Jochen Overbeck traf Gildas Loaëc, einen der beiden Kitsuné-Macher zum Gespräch.

Seit zehn Jahren ist Kitsuné eine feste Adresse für Musik- und Modefans. Bemerkenswert ist dabei, dass das Pariser Label zwei völlig verschiedene Zielgruppen antriggert: Wo die Musik-Abteilung mit Bands wie Delphic, Is Tropical oder Two Door Cinema Club Indie-Kids bedient, richtet sich die Modelinie mit ihrem Mix aus französischem Chic und moderner Street-Attitüde eher an die Ü30-Generation und ist auch entsprechend mutig ausgepreist. Schluffi-Indie und Luxus, ein Widerspruch? Keineswegs, sagt Gildas Loaëc, einer der beiden Kitsuné-Macher.

Kitsuné ist eine Plattenfirma, aber auch ein Mode-Label. Welche Idee war zuerst da?

Vom ersten Tag an war beides wichtig. Die Musik lag nahe, weil sie das ist, was ich kenne. Ich hatte auch schon vorher als Manager gearbeitet und wusste, wie ich das anzupacken hätte. Die Sache mit der Mode gingen wir ganz naiv an. Wir wollten Kleidung entwerfen und vertreiben, die wir selbst auch tragen würden. Aus beidem wollten wir eine Marke schaffen, mit all ihren Geheimnissen und ihrer Liebens­würdigkeit. Ein Unternehmen. Ja, vielleicht kann man es so sagen: Wir wollten Unter­nehmer sein. Und das haben wir gut hin­bekommen.

Du hattest einen Plattenladen, warst Manager des Elektro-Duos Daft Punk. Hattest du Ahnung von Mode?

Nicht die Spur! Herauszufinden, wo man sich als Marke ansiedeln möchte, wo man seine Stoffe einkauft, wie und mit wem man gestaltet, wie man die Preise setzt, das war für uns völlig neu. Da gibt einem auch keiner Ratschläge, das sind Sachen, die diejenigen, die Ahnung haben, für sich behalten.

Was war das erste Kleidungsstück, das ihr verkauft habt?

Wir haben als Erstes Jeans entwickelt. Die lieben wir einfach. Früh war auch der Kaschmir-Cardigan dran, den ich gerade trage.

Wie sollte die Kitsuné-Mode sein?

Wir wollten nichts erfinden, nicht Fashion um jeden Preis sein. Unsere Mode sollte elegant, aber auch klassisch sein. Die Essenz jedes Stückes muss seine Qualität, aber auch seine Zeitlosigkeit sein. Eine Hose von uns soll man auch in zehn Jahren noch tragen können.

Wie französisch ist Kitsuné?

Wir haben einen internationalen Appeal. Aber ich glaube, man erkennt schon die Herkunft unserer Stücke. Einige Details haben ihre Wurzeln im Pariser Stil, sind jedoch so subtil, dass man sie vielleicht nicht ohne Weiteres erkennt.

Was haben das Musik- und das Mode-Label gemein?

Qualität. Eine gewisse Klasse. In der Musik steckt natürlich viel mehr Pop. Den wollen wir auch in die Modelinie bringen. Marken wie Chanel, Hermès oder Louis Vuitton spenden Millionen, um cool zu sein, sponsoren Künstler und Schauspieler. Wir sparen uns das. Wir müssen kein Geld für so etwas ausgeben, wir sind es einfach. Dabei dürfen unsere Bands übrigens tragen, was sie wollen. Two Door Cinema Club hatten einen Deal mit Lacoste, Citizens! mit Fred Perry. Das ist für uns völlig in Ordnung. Wie sie wollen. Wir werden uns nicht sperren, wenn sie Lust auf unsere Mode machen, reden ihnen da aber nicht rein.

Eure Polohemden kosten 200 Euro. Kann man das dem durchschnittlichen Two-Door-Cinema-Club-Fan vermitteln?

Man muss es ihm nicht unbedingt vermitteln, weil es nicht die gleiche Zielgruppe ist. Die Fans des Labels sind zwischen 15 und 25 Jahre alt. Sie wollen Spaß haben, eine gute Zeit haben, tanzen. Die Modelinie ist erwachsener. Man braucht einen gewissen finanziellen Standard, um sich die leisten zu können. Aber auch die Kids werden älter. Irgendwann haben sie ihren ersten Beruf, ihr erstes Gehalt. Klar, manchmal beschweren sich die Leute auf unserer Homepage, sagen: „Ich zahle doch nicht 200 Euro für ein Paar Sneakers, wenn ich Vans für 50 bekomme.“ Aber es ist ja nicht so, dass jemand mit einer Pistole dasteht und sie zwingt, nicht? Dafür weiß man genau, dass unsere Schuhe in Japan hergestellt werden. Unter fairen Bedingungen. Nichts gegen 50-Dollar-Vans, aber da weiß man das eben nicht.

Ihr habt ein Shirt in Zusammenarbeit mit dem Musikportal Pitchforkmedia herausgebracht. Es gibt auch einen Umhängebeutel für 15 Euro. Der Versuch, die beiden Zielgruppen zusammenzubringen?

Vielleicht. Wir sind schließlich keine Snobs. Und wer weiß, vielleicht führt es dazu, dass sie sich später für unsere Mode interessieren.

Wie viele eurer Produkte verkauft ihr online?

Im Musikbereich sind es 60, 70 Prozent des Umsatzes, die als Download verkauft werden. Diese Zahl wächst stetig. Wir würden gerne mehr Vinyl machen, aber das rentiert sich nicht. Nur bei Bands wie Two Door Cinema Club oder Citizens! ist das ein bisschen anders. Da machen wir ab und zu eine schöne, limitierte Single, die dann Teil des großen Ganzen ist. Aber das funktioniert nur bei Gruppen, mit denen man an anderer Stelle Geld verdient, die eine Fanbase haben. Die meisten hören Songs von Bands, die sie noch nicht kennen, heute bei Soundcloud oder kaufen höchstens einen Download.

Traurig darüber?

Nein, nein. Ich streame doch selber alles. Ich muss nichts besitzen. Ich kann mich also kaum beschweren. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Künstler damit mehr verdienen würden. Daft Punk hatten bei Spotify 100 Millionen Plays und haben dafür um die 750 Euro bekommen. Sie lachen, aber das ist natürlich ein riesengroßes Problem.

Wie wichtig ist der Online-Shop im Modebereich?

Sehr wichtig! Unsere Homepage ist Schaufenster, aber auch ein prosperierendes Geschäft. Es kostet viel Geld, eine Modelinie in einem Kaufhaus oder einer Boutique zu platzieren. Das sind sechsstellige Beträge. Online ist das anders. Da verkaufe ich, während ich schlafe. Da träumt man gleich viel besser.