Beth Gibbons & The Polish National Radio Symphony Orchestra
Henryk Górecki: Symphony No. 3
Domino/GoodToGo (VÖ: 29.03.2019)
Emotionale Herausforderung: Die Portishead-Vokalistin als Sopranistin eines Hits der neutönenden Klassik.
Sopran-Solo, 4 Flöten, 4 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Kontrafagotte, 4 Hörner, 4 Posaunen, Harfe, Klavier, Streicher (mindestens 16 erste und 14 zweite Violinen, sowie 12 Bratschen, 10 Violoncelli und 8 Kontrabässe) – so liest sich die Orchester-Besetzung für Góreckis berühmt gewordenes Werk. Und wenn jetzt Beth Gibbons die Rolle der Sopranistin in dieser Sinfonie einnimmt, ist das schon ein eher untergeordneter Part im Vergleich zu den tiefen Streicherspuren, die über knapp eine Stunde in den drei Sätzen präsent sind.
Die Kritiker neutönender Klassik waren in der Bewertung der Sängerin, was Artikulation, Phrasierung und Klangfarbenspektrum angeht, aber überaus angetan. Das Pop-Publikum darf sich fragen, was die Vokalistin von Portishead zu Górecki (1933–2010) geführt hat. Und ob man sie dann da auch noch raushört, die Beth Gibbons?
Die 3. Sinfonie op. 36 ist einer der späten Pop-Hits der Klassik, 1976 uraufgeführt, 1992 in den Charts erfolgreich, seitdem führt sie auch ein beachtliches Zweitleben als Filmmusik. Das Zeitlupen-Opus ist eine Sinfonie der Klagelieder, der zweite Satz nimmt ein Gebet auf, das an der Wand einer Zelle im Gestapo-Hauptquartier in Zakopane gefunden wurde. Beth Gibbons soll vor allem die emotionale Herausforderung in dem ihr angebotenen Sopran-Solo gesucht haben, und ihre Stimme klingt hier warm und reich und wie erwartet ein gehöriges Stück weit von dem entfernt, was sie in den letzten Jahren aufgenommen hat. Und ja, man hört die Emphase, die Gibbons bis in das bisweilen unnahbar ratternde Klangvolut des dritten Albums von Portishead getragen hat, auch in diesem feierlichen Rahmen. Beth Gibbons kniet in Sound. Die Aufnahme fand im November 2014 mit dem Nationalen Symphonieorchester des Polnischen Rundfunks (dirigiert von Krzysztof Penderecki) statt, als Teil eines Programms, an dem auch Johnny Greenwood (Radiohead) und Bryce Dessner (The National) mitwirkten.