Shakey Graves live in Berlin: Sattelt auf, Großstadtcowboys!
Howdy! Wenn Shakey Graves seine Westerngitarre zum Klingen bringt, weiß man gar nicht mehr, ob man noch im Neuköllner Heimathafen steht, oder doch schon auf einer Ranch in Texas. Die Luft riecht nach Whiskey, die Pferde sind gesattelt: kann losgehen!
Dass Alejandro Rose-Garcia mit derart offenen Armen in Berlin empfangen wird, ist spannend: Jahre nach der unter anderem durch Mumford & Sons losgetretenen Folk-Welle und in einer Stadt, in der Elektro den Ton angibt, haben immerhin rund 800 Leute an einem Sonntagabend Bock zu Americana, Blues und eben Folk abzugehen. Bereits im Februar dieses Jahres spielte Shakey Graves, wie Rose-Garcia sich mit Künstlernamen nennt, im komplett und schnell ausverkauften Privatclub. Im Heimathafen legt er mit mittlerweile neuem Album nach – CAN’T WAKE UP erschien im Mai. Ganz ausverkauft ist der Club nun zwar nicht – der Schweiß perlt trotzdem und auf und vor der Bühne findet Musiker und Publikum einander großartig.
AmazonRose-Garcia zeigt sich sichtlich begeistert von seiner Fangemeinde: Sein Gesichtsausdruck als Reaktion auf den ausgiebigen Applaus zwischen den Songs changiert zwischen anerkennender Kernigkeit und dankbarer Rührung. Liefert aber auch ab, der Gute: Mit klassischer Bandverstärkung aus Bass, Schlagzeug und zweiter Gitarre reißt Shakey Graves ein ziemliches Brett runter. Alte Klopper und neue Songs werden mit vollem Sound, satten E-Gitarren und recht schickem Background-Gesang vorgetragen.
Aus dem Weg, Cowboyhutträger
Nirvanas „Something In The Way” überrascht hierbei genauso, wie die neuen Songs der Platte: In der Studioversion nämlich erinnern die neuesten Stücke doch ein bisschen mehr an die späten Beatles als an den rohen Country-Folkpop, von dem aus Shakey Graves seine Karriere 2014 startete. Auf der Bühne bekommt die Band allerdings eine sehr treibende Balance hin: Einerseits fordert der Texaner seinen inneren Bruce Springsteen heraus, lehnt sich zuweilen ein bisschen gegen großspurigen 80s-Rock der Marke Guns n’ Roses, nur um danach wieder zu seinen Folkwurzeln zurückzukehren. Melodiös und leicht daneben, harmonisch und angerostet, spannend aber nicht nervig – ein Kontrast, der herrlich gut funktioniert. Auch im Hinblick auf den Opener des Abends: Als Support steht Petal auf der Bühne, eine amerikanische Musikerin die zwischen Grunge-Gitarren, zerbrechlichen Lyrics und cooler Stimme den perfekten Einstieg in den Abend bietet.
Shakey Graves eröffnet sein Konzert so, wie er es abschließt: Alleine auf der Bühne gibt er eine umjubelte Zugabe aus alten Songs. Als Alleinunterhalter hat er vor Jahren angefangen Musik zu machen, die nach Texas klingt und auf New Yorks Indie-Bühnen funktioniert. Vermutlich für alle Großstadtcowboys, die sich nach dem Geruch von Heu und Feuer sehnen. Wie passend: Unser Blick zur Bühne wird im Heimathafen natürlich von einem Cowboyhutträger erschwert.
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