Das Leben nach dem Hit


Das schwedisch-amerikanische Trio Miike Snow verfolgt auf seinem zweiten Album unbeirrt den geraden Weg der Popmusik.

Wenn eine Band aus dem Stand einen solchen Riesenhit landet wie Miike Snow vor drei Jahren mit „Animal“, dann ist das vermutlich ziemlich toll. Doch gleichzeitig haben Popkritik und Öffentlichkeit eine Messlatte, die sie fortan an alles anlegen, was man tut.

Das geht einem dann offenbar ziemlich auf den Senkel – zumindest klingt Pontus Winnberg ge-nervt. Dabei war die Feststellung, dass auf dem zweiten Miike-Snow-Album Happy To You kein Überhit zu finden sei, freundlich gemeint. „Ich möchte höflich widersprechen“, grantelt es am anderen Ende der Leitung. Es ist der Auftakt zu einem Interview, in dem Winnberg wenig preisgibt. Er sagt Sätze wie „Das einzige, was wir machen, ist: wir sein“, „Wir machen unser Ding“, oder „Was immer passiert, passiert eben.“

Miike Snow als Band sind tatsächlich einfach so passiert. Die beiden schwedischen Profi-Musiker Winnberg und sein Kumpel Christian Karlsson (als „Bloodshy & Arvant“ produzierten sie Britney Spears‘ „Toxic“) treffen 2004 den New Yorker Andrew Wyatt aus der Band The A.M. Die drei verstehen sich gut und fangen an, zusammen zu arbeiten. Sie basteln eher ziellos an ihrer Musik, um irgendwann doch einen Plattenvertrag zu unterschreiben. Der Erfolg des Debüts Miike Snow treibt sie einmal um die Welt, am Ende stehen 250 Konzerte in 18 Monaten und 27 Ländern.

„Das war eine harte Zeit. Christian und ich hatten Andrew zuvor nur ab und an gesehen. Plötzlich sitzt du zusammengepfercht in einem kleinen Bus, fährst durch die Gegend und spielst Konzerte, eineinhalb Jahre lang. Das war nicht so glamourös, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ Vor allem aber fehlte jede Privatsphäre. Die einzige Möglichkeit, mit dem Leben zwischen Tourbus, Venue und Hotelzimmer klarzukommen: sich aufeinander einzulassen. „Wir haben uns oft ge-nervt, aber genauso oft war es super. Nach der Tour war klar, dass wir kein Projekt mehr sind, sondern eine richtige Band. Deshalb ist Andrew jetzt auch nach Stockholm gezogen.“

Mit ihren melodiösen Popsongs, die nonchalant aus vielen Phasen der Musikgeschichte zitieren und sich mehr oder weniger unauffällig auf Elektrobeats betten, sind Miike Snow gerade in Schweden nicht alleine. Entwickelt sich da eine Stockholm-Szene mit eigenem Sound?

„Wir haben mit Lykke Li und Peter Bjorn and John ein Label gegründet: Ingrid. Also gibt es eine Szene. Ob musikalisch ein Zusammenhang besteht, kann ich nicht sagen.“ Live sind Miike Snow von den genannten die elektronischste Band. Manchmal klingen ihre Konzerte wie DJ-Sets. Absicht, weil man weiß, dass die europäischen Kids mit Beats am besten zu kriegen sind? „Wir versuchen, unseren Songs live eine offenere Struktur zu geben. Sonst findet man die eigene Musik irgendwann langweilig. Und wenn die Kids kommen und uns hip finden – na gut. Immerhin besser, als wenn sie sagen: Miike Snow sucks!“

Benjamin Weber

Albumkritik S. 100