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Falco – Sterben um zu leben
Sony
„Muss ich denn sterben, um zu leben?“ Falcos Frage hat sich zum Imperativ gewandelt. Jetzt massakrieren ihn Deutschrapper.
Jedes Jahr ist Falco-Jahr. 2017 gab es Hans Hölzels 60. Geburtstag zu feiern, dieses Jahr seinen 20. Todestag. Im Wiener Stephansdom sind deswegen seine Lieder als Kirchenmusik erklungen, Red Bull hat sie von hippen Artists reworken lassen. Jetzt wagen sich „Hochkaräter des heutigen deutschen Rap“ (Presse-Info) an Falcos Werk. Man kann Hölzel ja durchaus als Godfather of Deutschrap betrachten.
Auch wenn er selbst zugab, dass er mit HipHop nichts am Hut hatte: Er war der erste, der den Sprechgesang für die deutsche Popmusik adaptierte. Wenn STERBEN UM ZU LEBEN aber eines zeigt, dann wie anders sich Sound und Attitüde des deutschen HipHop seit Falcos Erstinterpretation entwickelt haben. Der oft hintergründige Schmäh des Wieners passt zum eher vordergründigen Straßenrap aus Berlin, Essen oder Frankfurt wie die Faust aufs Auge. Gut, für den Gangster mag sie dorthin gehören, die Faust. Aber es ist schade um die Eleganz des Ausgangsmaterials, das hier zweifelhafte Umdeutung erfährt.
Sido, dem folgende Zeile zum „Kommissar“ einfällt: „Der Kommissar hat immer recht, auch wenn er grad n’ Finger in dein’ Hintern steckt.“ Kreativitätspunkte gibt es für 3Plusss und Celo & Abdi: Ihre Neuinterpretationen von „Emotional“ und „Vienna Calling“ verwenden kaum mehr als die Titel der Originale, was allerdings die Frage aufwirft: Wozu? Nur Zugezogen Maskulin lassen den Geburtstag stilecht hochleben. In der Bridge von „Junge Römer“ samplen sie die Strophen von „Einzelhaft“: „Moderne Menschen leben allein, das neue Leben fängt sie ein, keiner für alle, jeder für sich“. Da blitzt Falcos Charisma auf, hedonistisch hadernd, aristokratisch-cool, bevor danach gleich wieder AutoTune und Gruselsynthie niedergehen. Sun Diego rappt: „Hasse dieses Leben so wie Falco“. Das wirkt alles wie ein großes Missverständnis. Siehe