Exklusiv: Graham Coxon spricht Track by Track über sein neues Album „A + E“
Für den Musikexpress erklärt Blur-Gitarrist Graham Coxon die Entstehung jedes der Songs seiner neuen Platte "A + E". Hier findet ihr Teil 1.
Am 30. März erscheint „a+e“, das neue Soloalbum vom Blur-Gitarristen Graham Coxon. Exklusiv für den Musikexpress bespricht Coxon seine Platte Track by Track. Hier findet ihr Teil 1, die ersten vier Songs.
Advice
„Advice“ entstand als Improvisation zuhause. Ich drückte auf die Aufnahmetaste und fing einfach an Gitarre zu spielen. Alles andere legte ich darüber: das Schlagzeug, Bass, anschließend improvisierte ich mit dem Gesang, nahm Krach auf, bestehend aus Vokalen. Der Text ergibt also nicht wirklich Sinn, ich schrieb ihn so auf, wie er sich bei den Aufnahmen jetzt auch anhörte. Das Stück hat kein wirkliches storytelling. Es ist ein wenig wie bei „Wo ist Walter?“ (Wimmelbild-Suchspiel), und man erkennt, dass sich noch ein weiterer Song im Lied verbirgt. Es macht Spaß, man fühlt sich wie im Jugendalter, wie 20: Leute erzählen Dir, was Du machen sollst, aber Du hältst Dich nicht dran.
City Hall
Yeah, noch eine Improvisation. Ein unerwarteter Akkord folgt auf den anderen. Viele der neuen Songs wurden nicht „geschrieben“ im ursprünglichen Sinne, sie sind einfach passiert. Ich unterlegte das Lied mit einer Drum Machine, ich habe zuhause eine billige. Ich drückte einfach auf die Drumpads. Entstanden ist eine Art Noir Funk Disco, aber sehr unschwarz, es hat keinen Soul. Es ist pretty straight up. Ein Großteil meiner favorisierten Dance Music ist straight, James Brown etwa. Für mich fühlt sich der Song an wie ein Gang durch die Stadt, es ist dunkel, die Laternen sind an, der Boden ist nass. Du gehst, aber Du weißt nicht wohin. So beginnt die Story des Albums. Du weißt nicht, wohin Du gehst.
What’ll It Take
Wieder eine Improvisation: Allesamt first goes. „Was es braucht“ um euch zum Tanzen zu bringen – ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht. Lieder wie diese sind einfach nur Apathie-Hymnen, ein Loser-Groove. Umso älter ich werde, desto apathischer werde ich. Nicht, dass ich mich im Teenageralter auf alles mögliche gefreut hätte. Ich bevorzuge Apathie. Ich hasse es mich als missverstanden oder „isolated“ zu bezeichnen, aber so fühle ich mich nunmal. Eigentlich ist das Stück nur eine Entschuldigung dafür, die Leute für Dance Music begeistern zu wollen. Der Song ist nicht cool, nicht sexy, nur Krach und Rhythmus, dazu eine sinnlose Frage – What’s wrong with me?
Meet and drink and Pollinate
Gosh, vielleicht ist es ein Stück über sexuelle Perversion in England, speziell über junge Briten. Ich sah mir die TV-Sendung „The Joy of Teen Sex“ an. Was Teenager darin alles anstellen. So was würden wir nicht machen, wenn wir über 50 wären und versuchen würden, unser Sexleben aufzupeppen – das machen die Jungen heute schon, it freaks me out. Der Song handelt vom Ausgehen – man trifft sich, trinkt und „bestäubt“. Das Wort „fuck“ wollte ich wohl nicht benutzen. „Bestäuben“ ist höflicher. Man betrinkt sich, tanzt… vielleicht landet man dann bei Bryan Ferry, oder einfach bei jemandem, der klein ist. Die Sache wird unheimlicher, wenn man das Daten aus der Sicht einer Frau beschreibt. Mir gefällt die Idee: Zu versuchen Bryan Ferry aufzureißen und dann an jemanden zu geraten, der aussieht wie Willy Carson. Frauen ziehen Blokes an wie Spinnen und Fliegen. Ein Fleischmarkt, Clubs sind wie Fleischmärkte.